Essen. Wir sind Wasserwesen, unser Körper besteht zum Großteil daraus. Aber: Welches Wasser ist gut für uns und worin bestehen die Unterschiede? Ein Wasser-Sommelier erklärt, wie viel wir trinken sollten und ob Leitungswasser unbedenklich ist. Außerdem: Was Mineralwasser kosten darf.
Den Wasserkran aufdrehen und ein Glas darunter halten: So kann man sich in Deutschland täglich mit Flüssigkeit versorgen. Doch ist das gesund? Sommelier Arno Steguweit kann darüber stundenlang philosophieren. In seiner Zunft beschäftigt man sich eigentlich mit hochwertigen Weinen und empfiehlt sie zum Essen. Nicht so Steguweit: Der gebürtige Kölner, der in vielen Sterne-Restaurants gearbeitet hat und jetzt selbstständig ist, wird „Europas erster Wasser-Sommelier“ genannt und ist einer unserer Experten.
Wie viel Wasser sollten wir täglich trinken?
Darüber gehen die Meinungen auseinander. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, rund anderthalb Liter über den Tag verteilt zu trinken. Bei Gesunden dürfen es drei Liter und mehr sein, heißt es. Diabetologen weisen darauf hin, dass wir an bernsteinfarbenem Urin erkennen, wenn wir zu wenig trinken.
Grundsätzlich gilt: Wir müssen die Verluste, die etwa durch Schwitzen und Wasserlassen entstehen, ausgleichen. Sonst sind wir nicht richtig fit: Gesundheitsämter warnen, dass zwei Prozent Wasserverlust Leistungsverluste bedeuten. Auf Vorrat zu trinken geht allerdings nicht: „Wir können in einer halben Stunde nur 250 Milliliter Flüssigkeit verstoffwechseln“, sagt Wasser-Sommelier Arno Steguweit.
Worauf sollte man beim Kauf achten?
Folgende Fragen kann man sich bei der Qual der Wahl im Getränkemarkt stellen: Möchte ich mich nur mit Flüssigkeit versorgen oder einen ernährungsphysiologischen Mehrwert erreichen? Wer letzteres anstrebt, dem gibt Steguweit Beispiele: „Frauen sollten Wasser mit viel Kalzium trinken, um etwa dem Knochenschwund Osteoporose vorzubeugen.“ Arbeitet jemand körperlich hart, etwa auf dem Bau, braucht er mehr Mineralstoffe (etwa Natrium oder Chlorid) als ein Geschäftsmann, der vorwiegend am Computer sitzt.
„Familien mit Kindern sollten Wasser mit einem Natriumgehalt von unter 20 Milligramm pro Liter nehmen, um Milchflocken oder ähnliches anzurühren“, empfiehlt Steguweit und beruft sich auf eine Vorgabe des Instituts Fresenius. Dort weist man darauf hin, dass die Organe von Babys nicht vollständig entwickelt sind, weshalb sie Mineralstoffe noch nicht so verwerten können wie Erwachsene.
Wie unterscheiden sich die verschiedenen Sorten?
Ob Mineral-, Heil- oder Quellwasser – die Vielfalt ist groß. Das kleine Wasser-ABC auf der Homepage des Sommeliers (siehe Info-Kasten) klärt im Detail auf und erläutert beispielsweise, dass natürliches Mineralwasser aus unterirdischen, vor Verunreinigung geschützten Quellen stammen muss. Gleiches gilt für Heilwasser, das zusätzlich Mineralstoffe enthält und dessen vorbeugende oder heilsame Wirkung wissenschaftlich erwiesen sein muss. Quellwasser wird in Trinkwasserqualität direkt an der Quelle abgefüllt.
Warum sind die Preise oft so unterschiedlich?
Vorweg sei Experte Arno Steguweit zitiert: Gutes Mineralwasser muss nicht teuer sein. Wenige Cent sollte es nach seinen Worten aber nicht kosten, denn sonst könnten die Plastikflaschen so billig hergestellt sein, dass sie viele synthetische Weichmacher enthalten – ohnehin gibt es Studien dazu, dass PET-Flaschen Umwelthormone ins Wasser abgeben.
Auch interessant
Der Wasser-Sommelier ergänzt: „Man muss sich vor Augen halten, dass auch mit Wasser Gewinn gemacht werden soll – und das Ziehen von Proben, die Lagerung sowie der Transport der Flaschen sind teuer.“ 50 bis 80 Cent empfindet er als Durchschnittswert für eine Flasche, die am besten in der Region abgefüllt wird, in der man wohnt.
Mit Kohlensäure, medium oder ohne – nur eine Geschmacksfrage?
Ja, denn ungesund ist Kohlensäure nicht, das meint auch die Verbraucherorganisation „foodwatch“. Wer sich in der Mittagspause „wachrütteln“ möchte, dem empfiehlt Arno Steguweit ein kohlensäurehaltiges Wasser: „Das Gas ist ein ,Aktivator‘, es kurbelt unsere Atmung an und macht uns munter, weil es den Körper ja auch wieder verlassen muss.“ Morgens früh solle man ein stilles und eher warmes Wasser trinken, weil es der dann noch recht empfindliche Organismus besser verarbeite. Abends kann die Medium-Version auf den Tisch kommen, denn zu viel Kohlensäure betont laut den Worten des Sommeliers die Schärfe und Säure im Essen. Rotweintrinker verzichten besser auf die Bläschen im Wasser, damit der gute Tropfen sich auf der Zunge richtig entfalten kann.
Kann ich auch Wasser aus der Leitung trinken?
„Wasser für den menschlichen Gebrauch muss frei von Krankheitserregern, genusstauglich und rein sein.“ Dieser Satz zählt zu den Anforderungen der Trinkwasserverordnung in Deutschland – die von den Wasserversorgern der Städte und Kommunen umgesetzt werden muss. Sie überprüfen, ob alle Grenzwerte eingehalten werden. Und das Umweltbundesamt sagt dazu: Das Trinkwasser aus zentralen Wasserversorgungsanlagen (2600 große Wasserwerke) in Deutschland besitzt durchweg sehr gute Qualität. 99 Prozent der Messwerte erfüllen die Güteanforderungen.
Doch der Teufel kann im Detail stecken, meint Sommelier Arno Steguweit: In Altbauten können betagte Rohre Blei ans Wasser abgeben, verkalkte und schmutzige Hähne finden sich zudem nicht selten in Küchen oder Badezimmern. Und auch das Umweltbundesamt macht darauf aufmerksam, dass sich im Trinkwasser geringe Mengen Arzneimittelwirkstoffe finden, die durch die Kläranlagen nicht herausgefiltert werden.
Was bringt ein Wasserfilter?
„Er entfernt Verunreinigungen, die den Körper schädigen können, aber auch Nützliches wie gelöste Mineralstoffe“, sagt Sommelier Arno Steguweit. Inzwischen gebe es aber Technologien, mit deren Hilfe beim Filtern Magnesium hinzugefügt werde. „Das macht das Wasser geschmacklich interessanter.“ Wichtig: Der Filter sollte regelmäßig gewechselt werden, damit sich darin keine schädlichen Bakterien ansiedeln.