Berlin. Prostatakrebs-Vorsorge? Da gruselt es die meisten Männer schon beim bloßen Gedanken: rektale Tastuntersuchung, rätselhafter PSA-Wert, und dann drohen vielleicht noch Biopsien. Muss das eigentlich sein? Hier erfahren Sie, welche Untersuchungen wirklich notwendig sind.
Prostatakrebs ist bei Deutschlands Männern der meist verbreitete bösartige Tumor - und die dritthäufigste Krebstodesart. Doch bei Vorsorge und Früherkennung kneifen viele Herren. Und Schuld daran ist nicht nur die Scheu vor unangenehmen Untersuchungen. Auch die Verfahren werden immer wieder diskutiert. So sorgt etwa der Tumormarker PSA für manche Verwirrung, weil er eben nicht nur gefährliche Entwicklungen anzeigt, sondern daneben auch harmlose Tumore outet - und damit unnötige Ängste und Behandlungen auslösen kann.
Denn entscheidet sich der Mann neben der Tastuntersuchung auch für die PSA-Wert-Bestimmung und ist dieser Entzündungswert zu hoch, dann werden vorsichtshalber Gewebeproben aus der Prostata entnommen. Derzeit zehn bis zwölf pro Check. Der Flensburger Urologe Prof. Tillmann Loch wirbt nun für ein Ultraschall-Verfahren, dass die Zahl dieser Biopsien deutlich verringern könnte. Doch die Urologen-Fachgesellschaft zieht nicht mit, weil größere Studien zur computer- und datenbankgestützten Ultraschallanalyse fehlen.
Zwölf Biopsien pro Check nötig
Dabei sieht es aus Sicht von Tillmann Loch so einfach aus: "Es geht darum, verdächtige Areale einzugrenzen und Gewebeproben deutlich gezielter zu entnehmen als bisher." Dazu gleichen Loch und Kollegen die Ultraschallaufnahmen mit einer großen Datenbank von Prostatakrebs-Fällen ab - und markieren vor dieser Maske diejenigen Areale, die Gefahren bergen könnten. Nur sechs statt bis zu zwölf Biopsie-Einstiche seien dann nötig, sagt Loch. Das spare auch viel Geld. Mehr als hundert Praxen arbeiten in Deutschland bereits mit dem C-Trus/Anna genannten Verfahren. Lochs Team hat zwar schon tausende Ultraschallbilder untersucht, aber bislang erst die von 60 Patienten in einer Studie ausgewertet.
Prof. Lothar Weißbach, Vorstand der Stiftung Männergesundheit und früherer Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft, hält diese Zahl für zu klein. "Prostatakrebs ist ein ubiquitärer Krebs - er kommt überall in der Prostata vor", sagt Weißbach. Der Urologe hält es bei der derzeitigen Datenlage deshalb für geboten, weiterhin zwölf Biopsien pro Check zu machen.
Werden die Urologen dabei fündig, ist die nächste Frage, wie die Behandlung weitergeht: Denn zumeist werden die extrem langsam wachsenden Tumoren in einem frühen, lokal begrenzten Stadium erkannt, und mehrere Therapiemethoden sind grundsätzlich möglich. Doch welche verspricht den besten Erfolg? Das Spektrum reicht von engmaschiger Beobachtung über Hormongabe, Bestrahlung bis zur operativen Entfernung der Prostata.
"Wir sind mit dem Start zufrieden"
Weißbach stellt die Ergebnisse einer ersten großen, über fünf Jahre laufenden Studie (Harow) mit 3300 Teilnehmern aus Deutschland vor, die die Wirksamkeit der aktiven Überwachung unterstreichen soll - das heißt: PSA-Wert, Tastbefund und gegebenenfalls Biopsien im Vierteljahresabstand zeigen gute Erfolge. "Derzeit dominiert die Operation als Methode der Wahl überwältigend, aber das wird sich ändern", ist Weißbach überzeugt. Die nicht-randomisierte Studie wurde jedoch von der Gazprom finanziert, und rief deshalb auch schon Kritiker auf den Plan.
Auch die Deutsche Urologengesellschaft (DGU) macht sich deshalb daran, die diversen Behandlungsansätze des Niedrig-Risiko-Karzinoms langfristig zu evaluieren. Im Januar 2013 starteten sie die bislang größte Studie zu Prostatakrebs (Prefere), die über 7000 Männer einschließen und inklusive Nachsorge bis 2030 laufen soll. Bislang sind aber erst 80 Patienten rekrutiert. "Wir sind mit dem Start zufrieden", sagte Studienleiter Prof. Michael Stöckle jüngst. "Jetzt im zweiten Jahr müssen die Zahlen allerdings deutlich ansteigen." (dpa)