Dortmund. . Wenn sich Frauen vor einer schweren Krankheit fürchten, dann fällt meistens das Wort „Krebs“. Dabei ist nicht Krebs, sondern eine Erkrankung des Herz-Kreislaufsystems die häufigste Todesursache bei Frauen in Deutschland. In einigen Fällen gilt das Merkmal „weiblich“ bereits als Risiko.

Wenn sich Frauen vor einer schweren Krankheit fürchten, dann fällt meistens das Wort „Krebs“. An ihr Herz denken weit weniger. Dabei ist nicht Krebs, sondern eine Erkrankung des Herz-Kreislaufsystems die häufigste Todesursache bei Frauen in Deutschland. Das belegen Statistiken.

Grundsätzliches

Tag für Tag bekommt es Dr. Hanno Klemm mit Herzleiden zu tun. Der Elektrophysiologe leitet die Rhythmologie im Herzzentrum des Klinikums Dortmund, sie gehört zu den größten in Nordrhein-Westfalen. Nach den Worten des Arztes sind Frauen wie Männer gleichermaßen von Herzproblemen betroffen, aber mit feinen Unterschieden. So nehme ein Herzinfarkt bei Männern häufiger ein tödliches Ende, Herzschwäche und Herzklappenerkrankungen führten dagegen bei Frauen häufiger zum Tod.

Der Herzinfarkt. . .

. . . ist also eine reine Männerangelegenheit? Keineswegs! Aber es gibt Abweichungen zwischen den Geschlechtern.

Voraus geht einem Infarkt die koronare Herzkrankheit – in diesem Punkt sind sich Männer- und Frauenherzen noch ähnlich. Dabei verengen die Herzkranzgefäße in einem schleichenden Prozess, die Durchblutung gerät ins Stocken. Doch während Männer schon in jüngeren Jahren betroffen sein können, steigt bei den Frauen das Infarktrisiko meist erst rund zehn Jahre nach den Wechseljahren, also etwa ab 60, so die Auskunft der Deutschen Herzstiftung. Bis zu den Wechseljahren bieten demnach die weiblichen Geschlechtshormone Östrogene einen Schutz.

Herzprobleme? Hier wird Ihnen geholfen

Buchtipp: Ratgeber „Herz in Gefahr – Koronare Herzkrankheit erkennen und behandeln“. Der Band (136 S.) ist für drei Euro in Briefmarken erhältlich: Deutsche Herzstiftung, Vogtstr. 50, 60322 Frankfurt/M., Internet:
www.herzstiftung.de

Anlaufstellen für Herzpatientinnen: Rhythmologie und Herzzentrum im Klinikum Dortmund (Beurhausstraße 40, 0231/
953 – 7690, www.klinikumdo.de) bieten eine Rhythmussprechstunde jeden ersten Freitag im Monat von 17 bis 19 Uhr sowie jeden dritten Dienstag von 9 bis 11 Uhr. Ohne Anmeldung.

Abteilung für Rhythmologie am Alfried-Krupp-Krankenhaus, Alfried-Krupp-Straße 20, Essen, Internet: www.herzrhythmusstoerungen-krupp.de.

Rhythmologie am Uniklinikum Düsseldorf, Moorenstraße 5, Internet: www.uniklinik-duesseldorf.de.

Kardiologie im Klinikum Lüdenscheid, Paulmannshöher Straße 14, Internet: www.maerkische-kliniken.de.

Kardiologie/Rhythmologie am Katharinen-Hospital Unna, Obere Husemannstraße 2, www.katharinen-hospital.de.

Entscheidende Unterschiede gibt es auch bei den Alarmzeichen. Oft kündigt sich ein Infarkt anders an. Mit Brustschmerzen, die bis in den Arm strahlen, Atemnot und kaltem Schweiß bei den Männern. „Symptome wie aus dem Lehrbuch“, nennt Hanno Klemm diese. Bei Frauen seien die Signale weniger eindeutig: „Druckgefühle im Oberbauch oder Rücken, Übelkeit, Erbrechen oder Kurzatmigkeit können das sein. Manchmal treten Schmerzen nur bei Belastungen wie Treppensteigen auf“, sagt der Arzt und warnt davor, diese Zeichen zu unterschätzen.

Er empfiehlt: Bei dem leisesten Verdacht sollten sich Frauen sofort zu einem Kardiologen oder in die Notaufnahme des Krankenhauses begeben, dort gebe es bessere Untersuchungsmöglichkeiten als beim Hausarzt.

Schlaganfall/Vorhofflimmern

Die Deutsche Schlaganfallhilfe formuliert es so: „Der Schlaganfall ist weiblich.“ Rund 55 Prozent der jährlich etwa 270.000 Schlaganfälle in Deutschland werden bei Frauen diagnostiziert. „Jeder dritte Schlaganfall aufgrund einer Durchblutungsstörung des Gehirns geht auf Vorhofflimmern zurück, einer speziellen Form von Rhythmusstörungen“, sagt Herzspezialist Hanno Klemm.

Und in diesem Punkt seien Frauen gegenüber Männern im Nachteil. Studien hätten belegt, dass bei älteren Frauen mit Vorhofflimmern die Gefahr, einen Schlaganfall zu erleiden, größer sei als bei Männern. Deshalb gelte das Merkmal „weiblich“ in diesem Fall bereits als Risiko, so Klemm. Genauso wie das Alter. Was Auswirkungen auf die Behandlung habe. „Das heißt, dass eine 75-jährige Frau mit Vorhofflimmern per se ein blutverdünnendes Medikament nehmen muss“, sagt der Arzt. Andernfalls sei das Risiko groß, dass sie einen Schlaganfall bekomme.

Das Vorhofflimmern beschreibt er als „chaotischen Rhythmus, der das Herz schwach macht“. Es sei wichtig, dieses Problem zu diagnostizieren, um es behandeln zu können. Am einfachsten geschehe dies über ein EKG, das auch der Hausarzt durchführe.

Mit einem Herzspezialisten könne dann die passende Behandlung abgestimmt werden. Seit einigen Jahren halten Spezialisten wie Klemm viel von einem kleinen operativen Eingriff im Katheterlabor, der das Vorhofflimmern dauerhaft stoppen oder zumindest minimieren soll. Dabei werde durch einen Piks an der Leiste ein wenige Millimeter dünner Katheter zum Herzen geführt, der Strompunkte setze, die dazu führen sollen, dass das Flimmern versiegt.

Rund 1,5 Stunden dauere dieser Eingriff, den die Ärzte über feine Technik und Computerbildschirme steuern. 700 Eingriffe dieser Art werden Jahr für Jahr im Dortmunder Katheterlabor durchgeführt.

Gebrochenes-Herz-Syndrom

In der Fachsprache trägt es den komplizierten Namen „Tako-Tsubo-Kardiomyopathie“ und trifft überwiegend Frauen im Alter von 65 bis 75 Jahren. Das Tückische: Die Beschwerden ähneln denen eines Infarktes. Patientinnen klagten über Luftnot, Brustschmerzen und auch das EKG zeige Infarkt-typische Veränderungen. „Diese Erkrankung trifft oft Frauen, die unter großem seelischen oder körperlichen Stress leiden. Sie tritt ganz plötzlich auf“, berichtet Hanno Klemm.

Zu den Auslösern könnten Todesfälle in der Familie zählen, heftiger Streit oder öffentliche Auftritte. Das Krankheitsbild wurde erst vor gut 20 Jahren erstmals beobachtet. „Doch die Zahl der Fälle nimmt zu“, sagt der Herzspezialist. Im akuten Stadium werden Patientinnen wie Herzinfarktfälle behandelt und auf der Intensivstation überwacht.