Essen. Weniger Kinder und Jugendliche müssen wegen “Komasaufens“ ins Krankenhaus. Das zeigen Zahlen für das Jahr 2012, die das Statistische Landesamt NRW am Freitag veröffentlichte. Doch ein Trend setzt sich fort: Der Anteil der Mädchen wächst stetig.

Die Zahl der Kinder und Jugendlichen in NRW, die mit Alkoholvergiftung im Krankenkhaus behandelt werden müssen, sinkt leicht. Das hat das Statistische Landesamt am Freitag mitgeteilt. Nach der Auswertung für das Jahr 2012, die jetzt vorliegt, wurden 6174 Heranwachsende wegen alkoholbedingter Verhaltensstörungen stationär behandelt. Das waren 0,9 Prozent weniger als im Vergleichsjahr 2011. Damals wurden 6229 Fälle gemeldet, das war der höchste Stand aller Zeiten. Berücksichtigt wurden Eingelieferte im Alter zwischen 10 und 19 Jahren.

Auffällig: Während die Zahl der männlichen "Komasäufer" seit Jahren zurückgeht, werden es bei den Mädchen immer mehr. Dieser Trend hat sich 2012 fortgesetzt. Die Kliniken hatten mit 3667 Jungen zu tun und mit 2507 Mädchen. Für die Jungen ist das ein Rückgang um 1,8 Prozent, für die Mädchen ein Anstieg um 0,9 Prozent. Alkoholvergiftungen sind daher schon lange kein reines Jungen-Problem mehr. Der Anteil der Mädchen an den Fällen liegt inzwischen bei 40 Prozent.

Weniger männliche Komasäufer, mehr weibliche: Der Trend hält seit Jahren an.
Weniger männliche Komasäufer, mehr weibliche: Der Trend hält seit Jahren an. © Statistisches Landesamt (IT NRW)

Mädchen wollen beim Trinken mithalten

Für den seit Jahren steigenden Anteil der Mädchen gibt es offenbar mehrere Ursachen. "Die strikten Geschlechterrollen lösen sich auf, die Verhaltensweisen von Mädchen und Jungen gleichen sich immer mehr an", sagt Martina Tödte, die in Essen die Frauen-Suchtberatungsstelle "Bella Donna" leitet. Nach ihrer Einschätzung führt ritualisiertes Sich-Betrinken in gemischten Gruppen dazu, dass die Mädchen beim Alkohol mithalten wollen - dann aber schneller an ihre Grenzen kommen als Jungen.

Suchtberaterin Tödte weist aber darauf hin, dass es für den inzwischen sehr hohen Anteil der Mädchen auch einen ganz banalen Grund geben könnte: "Vielleicht wird bei einem Mädchen im Vollrausch auch schneller der Krankenwagen gerufen als bei einem Jungen."

Am größten ist das Problem im Kreis Soest

Die Zahlen des Statistischen Landesamtes zeigen auch starke regionale Unterschiede. Am weitesten verbreitet ist "Komasaufen" demnach im Kreis Soest, in Hamm und in Münster. Hier erlitt rund jeder 200. Jugendliche zwischen 10 und 19 eine Alkoholvergiftung. In Mülheim/Ruhr und im Kreis Siegen-Wittgenstein machten hingegen die wenigsten trinkenden Teenager Bekanntschaft mit dem Krankenhaus. Hier praktizierte grob gerechnet nur jeder 600. der Altersgruppe Trinken bis der Arzt kommt.