Essen.. Drauflos leben und hoffen, dass ein Arzt die gesundheitlichen Probleme richten wird, die irgendwann auftreten – das funktioniert nicht, meint Professor Dr. Dietrich Baumgart, Kardiologe und Internist in der Essener Vorsorgeklinik Preventicum. Er plädiert für ein individuelles Vorsorgeprogramm.

Drauflos leben und hoffen, dass ein Arzt die gesundheitlichen Probleme richten wird, die irgendwann auftreten – das funktioniert nicht, meint Professor Dr. Dietrich Baumgart, Kardiologe und Internist in der Essener Vorsorgeklinik Preventicum: „Es gibt keine Reparaturmedizin, jeder muss aktiv etwas dazu tun, um mit mehr Lebensqualität älter zu werden und nicht die letzten Jahre im Rollstuhl zu verbringen.“

Baumgart plädiert für mehr Eigeninitiative im Sinne der Gesundheit sowie für ein Vorsorgeprogramm, das individuell zugeschneidert werden sollte. Für Männer und Frauen sind dabei zum Teil unterschiedliche Aspekte wichtig.

Warum sollte die Vorsorge für jeden unterschiedlich aussehen?

Dietrich Baumgart: „Es gibt keinen einheitlichen Fahrplan, weil wir Individuen mit unterschiedlicher Herkunft sind“, sagt Professor Dr. Dietrich Baumgart. Wer beispielsweise ein ererbtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Darmkrebs in sich trage, müsse anders vorsorgen als jemand, dessen Vorfahren alle gesund nach dem 75. Geburtstag starben.

Wann ist der erste Check-Up-Termin beim Arzt sinnvoll?

Baumgart: Menschen, in deren Familie schon mehrere Mitglieder schwer erkrankten, sollten nach Ansicht des Experten ab dem 30. Lebensjahr zu Screening-Untersuchungen gehen. Dies gilt zum Beispiel bei Darmkrebs. Für alle anderen ist Baumgart zufolge der 40. Geburtstag der richtige Stichtag für eine Ist-Analyse: Überprüft werden sollte, ob es Defizite im Körper gibt – einen zu hohen Blutdruck, Stoffwechsel- oder Schilddrüsenstörungen, Sehschwächen, Ablagerungen in den Gefäßen oder Übergewicht.

Welche Kontrollen die Kassen zahlen.
Welche Kontrollen die Kassen zahlen. © Bertelmann | Unbekannt

Eine Ultraschalluntersuchung der Bauchorgane, des Herzens und der Gefäße sowie ein Belastungs-EKG und eventuell eine Lungenfunktionsprüfung helfen dabei, Krankheiten vorzubeugen. Baumgart: „Je nach Gesundheitszustand und Alter des Einzelnen empfehlen sich danach alle paar Jahre oder in kürzeren Abständen wiederholte Untersuchungen.“ Wann die Kosten übernommen werden und für welche man selbst in die Tasche greifen muss, sollte mit der Krankenkasse besprochen werden. Es gibt aber auch Standards (s. Grafik).

Welche Untersuchungen sind besonders für Frauen wichtig?

Baumgart: Mit einer Erwartung von durchschnittlich 82,7 Jahren leben Frauen laut dem Statistischen Bundesamt rund fünf Jahre länger als Männer. Das hat verschiedene Ursachen, einer ist sicher der gesündere Umgang mit ihrem Körper. Auch in Sachen Vorbeugung sind Frauen disziplinierter: Immerhin gehen knapp 60 Prozent regelmäßig zur Krebsvorsorge.

Schon in der Pubertät haben Mädchen zum ersten Mal einen Termin beim Frauenarzt. In der Zeit vor dem ersten Geschlechtsverkehr empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Impfung gegen eine Infektion mit Humanen Papillomviren (HPV), die Gebärmutterhalskrebs auslösen können. Anschließend werden regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen mit dem Gynäkologen vereinbart – vor allem während der Schwangerschaft, aber auch zur Vorbeugung gegen Brustkrebs. Dabei kann das eigene Tastvermögen dabei helfen, verräterische Knoten in der Brust frühzeitig zu erkennen.

Worauf müssen Männer achten?

Baumgart: Die häufigste Krebserkrankung bei Männern ist Prostatakrebs. Früh erkannt, kann er laut dem Westdeutschen Prostatazentrum zu 90 Prozent geheilt werden. Ein guter Grund, ab dem 45. Geburtstag einmal im Jahr zum Urologen zu gehen und regelmäßig den so genannten PSA-Wert bestimmen zu lassen.

Vergrößert sich die Prostata im Lauf der Zeit – ob durch einen gutartigen oder bösartigen Tumor –, so wird vermehrt ein Eiweißstoff, das prostataspezifische Antigen (PSA), ins Blut abgegeben. Dieser Vorgang kann bei einem Bluttest, dem so genannten PSA-Test vom Urologen festgestellt werden. Dieser kann Männern auch zeigen, wie es möglich ist, den Hoden selbst abzutasten und auf diese Weise krankhafte Veränderungen zu entdecken.

Gewinnen im Lauf der Jahre andere Themen an Bedeutung?

Baumgart: „Ab dem 50. bis zum 69. Lebensjahr sollten Frauen die Brustkrebsvorsorge intensivieren, indem sie regelmäßig an einem Mammographie-Screening teilnehmen“, sagt Internist Professor Dietrich Baumgart. Auch der Schutz vor einem Herzinfarkt werde dann wichtiger. Denn mit den Wechseljahren produziert der Körper immer weniger Mengen des Hormons Östrogen, welches das schlechte Cholesterin im Blut senkt und das gute erhöht.

Dadurch haben Frauen, die früher unter zu niedrigem Blutdruck litten, plötzlich erhöhte Werte und damit auch höhere Krankheitsrisiken: Europäische Kardiologen stellten bei einem Kongress zum Thema Frauenherzen fest, dass rund 55 Prozent der Frauen und nur 43 Prozent der Männer in Europa an kardiovaskulären Ursachen sterben, also an Infarkt, Herzschwäche, plötzlichem Herztod oder Schlaganfall.

Ein regelmäßiger Check von Blutdruck und Herz-Kreislaufsystem ist also für beide Geschlechter ratsam – und die eventuelle Gabe von Hormonen sollten Frauen mit ihrem Arzt diskutieren. Vorsorgespezialist Baumgart ergänzt: „Grundsätzlich sollte man ab dem 50. Lebensjahr zur Darmspiegelung gehen, um eventuelle Krebs-Vorstufen rechtzeitig entfernen zu lassen.“