Trier/Mainz. Laut dem Experten der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Uniklinik Mainz steigt die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit essgestörtem Verhalten. Je eher die Betroffenen allerdings behandelt werden, desto besser können Vollerkrankungen verhindert werden. Sonst drohen Magersucht oder Bulimie.

Sie hungern drei Mal im Monat für 24 Stunden oder erbrechen sich absichtlich einmal pro Monat nach dem Essen: Immer mehr Kinder und Jugendliche zeigen nach Einschätzung des Mainzer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten Arne Bürger erste Symptome von Essstörungen.

"Je früher die Störung erkannt und behandelt wird, desto besser", sagt der Experte von der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universitätsmedizin Mainz. So könnte womöglich eine schlimmere Vollerkrankung verhindert werden. Rund ein Prozent aller 14- bis 18-Jährigen leide regelmäßig an Anorexie (Magersucht), bis zu drei Prozent an Bulimie (Ess- und Brechsucht). Auf 20 erkrankte Mädchen komme ein Junge, sagte Bürger.

Große Belastung für die ganze Familie

Essstörungen seien für die ganze Familie eine große Belastung, sagte die Vorsitzende des Landesverbandes der Angehörigen psychisch Kranker in Rheinland-Pfalz, Monika Zindorf. Eltern fühlten sich in der Pflicht, die Essensaufnahme der Kinder ständig zu beobachten und zu kontrollieren, was zu großen Konflikten führe. "Angehörige sind oft überfordert und hilflos." Es gebe zu wenige Therapieangebote, oft müsste man sehr lange auf einen Platz warten.

Die Entstehung einer Essstörung ist komplex: Die betroffenen Mädchen folgten nicht nur einem krankhaften Schönheitsideal, "schlank und rank" zu sein. Hinzu komme ein wachsender Leistungsdruck in den Familien und in der Schule: "Viele Kinder haben heute einen Terminkalender wie Manager", sagte Bürger. Es bleibe kaum Zeit zum Auftanken und es gebe immer weniger Platz für Emotionen. "Sie lernen nicht, mit Konflikten umzugehen oder Schwächen einzugestehen." All dies führe zu einer negativen emotionalen Anspannung - die dann auch in Essstörungen münden könne.

Wichtig sei, bereit bei einzelnen Symptomen von Essstörungen einen Spezialisten aufzusuchen, sagte Bürger. "Man sollte nie denken, man bekommt das alleine hin." (dpa)