Berlin. Ein fleischfreier Tag pro Woche in deutschen Kantinen? Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zeigt sich über den kontroversen Vorschlag der Grünen ebenso empört wie Teile der Politik und der Verbraucher. Diese sollten mündig bleiben und nicht bevormundet werden.

Die Grünen stoßen mit ihrer Idee eines fleischlosen Tags in den Kantinen nicht nur bei den anderen Parteien auf Widerspruch, sondern auch bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). "Wir sind gegen jede Form der Bevormundung", sagte der Vorsitzende Franz-Josef Möllenberg den Dortmunder "Ruhr Nachrichten" (Dienstag). "Fleisch und Wurst gehören zu einer ausgewogenen Ernährung nun einmal dazu." Jeder sollte selbst entscheiden, was er esse und worauf er lieber verzichte.

In den Kantinen werde am ehesten an der Qualität gespart - auch weil der Staat Catering-Firmen und Kantinen-Anbietern durch den vollen Mehrwertsteuersatz das Leben schwer mache. "Würden diese Unternehmen steuerlich begünstigt, könnten sie stärker auf Qualitätssicherung setzen", sagte Möllenberg.

Auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hatte sich am Montagabend im BR-Fernsehen von seinem Wunschpartner Grüne mit dem ironischen Satz distanziert: "Die haben noch nicht mitgekriegt, dass es jetzt um die Wurst geht."

"Ganz seltsames Bevormundungsmodell"

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag): "Wir sollten in den Kantinen gesündere Kost anbieten und den Fleischkonsum verringern." Zwangslösungen seien aber nicht dienlich. Der Chef der Agrarministerkonferenz der Länder, Bayerns Ressortchef Helmut Brunner (CSU), sagte dem Blatt: "Mein Ziel ist der mündige Verbraucher, der selbst entscheidet, was er für richtig hält." In seinem Ministerium werde täglich mindestens ein vegetarisches Gericht angeboten. Dies solle Schule machen.

Auch der Präsident des Verbandes der Familienunternehmer, Lutz Goebel, lehnte den Grünen-Vorstoß ab. "Unsere Mitarbeiter sollten selbst entscheiden, was sie essen wollen. Die detaillierte Bevormundung von Menschen durch das Wahlprogramm bis in kleinste Lebenszweige hinein ist ein Graus", sagte er der "Bild"-Zeitung (Dienstag). Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), Wolfgang Ingold. "Hinter diesen Plänen steht ein ganz seltsames Bevormundungsmodell", sagte Ingold der "Bild". Denn Vorstoß könne man daher "eigentlich gar nicht ernst nehmen". (dpa)