Essen. . Eine bundesweite Studie soll jetzt zeigen, welche Therapie gegen Prostatakrebs die meisten Vorteile für Patienten bringen. Rund 7400 Teilnehmer werden gesucht, die dann von erfahrenen Spezialisten betreut werden.

Rund 63 400 Männer in Deutschland erhalten jährlich die Diagnose Prostatakrebs, so das Robert-Koch-Institut in Berlin. Dieser Krebs ist die häufigste bösartige Tumor-Erkrankung des Mannes. Bislang ist jedoch noch nicht geklärt, von welcher Behandlungsmethode betroffene Patienten am meisten profitieren. Daher haben jetzt rund 1000 niedergelassene Urologen und Strahlen-Therapeuten sowie rund 90 klinische Zentren bundesweit eine große Studie gestartet, um Prostatakrebs-Therapien zu vergleichen. Die Aktion wird von der Deutschen Krebshilfe gefördert.

Dr. Carolin Eva Hach gehört zu den Ärzten, die die Studie mit auf den Weg gebracht haben. Die 33-jährige Urologin erarbeitet ihre Ergebnisse gemeinsam mit Chefarzt Dr. Stephan Buse am Alfried-Krupp-Krankenhaus in Essen-Steele. Die Experten erklären, wie Prostatakrebs entsteht, auf welche Weise er behandelt werden kann und was sie von der neuen Studie erwarten.

Weshalb sich die „Vorsteherdrüse“ verändert

Die Prostata wird auch „Vorsteherdrüse“ genannt. Sie ist die etwa kastaniengroße Geschlechtsdrüse des Mannes, die einen Teil des Spermas produziert und den Anfangsteil der Harnröhre bis zum Beckenboden umgibt. Ab dem 50. Lebensjahr kann sich die Prostata verändern – auch gutartig. Wenn jedoch ein bösartiger Tumor wuchert, geschieht dies meist in der äußeren Region der Drüse. Der Arzt kann ihn häufig vom Ende des Darms her ertasten.

Krebsstudie - wer alles teilnehmen kann

Die deutsche Prostatakrebs-Studie „Prefere“ ist derzeit eines der größten urologischen Forschungsprojekte, gefördert durch die Deutsche Krebshilfe. Daran teilnehmen können Männer mit Prostatakrebs in einem frühen Stadium. Es steht ihnen frei, die Zustimmung zur Teilnahme jederzeit wieder zu entziehen.

Mehr Informationen gibt es auf der Homepage www.prefere.de

Prostatakrebs entsteht laut der Deutschen Gesellschaft für Urologie häufig bei Männern im fortgeschrittenen Alter, auch eine genetische Veranlagung gilt als Risiko. Studien weisen darüber hinaus nach, dass ungesättigte Fettsäuren (die oft in Fleisch und Wurstwaren enthalten sind) die Entstehung von Tumoren vorantreiben können.

Man(n) merkt es zunächst oft nicht

Zunächst bleibt der Krebs oft unbemerkt, weil er in der äußeren Zone der Prostata wächst. Wenn Probleme beim Wasserlassen auftreten, hat der Tumor die Drüse schon so anwachsen lassen, dass sie die Harnröhre einengt. Um einer solchen Erkrankung vorzubeugen, sollten Männer ab dem 45. Lebensjahr jährlich zur Früherkennungsuntersuchung zum Urologen gehen.

Mit verschiedenen Untersuchungen – wie etwa durch Ultraschall, Magnetresonanztomographie oder eine Gewebe-Entnahme – kann der Arzt feststellen, in welchem Stadium sich eine Erkrankung befindet. Ein weiterer Test ist die Bestimmung des PSA-Wertes. Das prostataspezifische Antigen (PSA) ist ein Eiweiß, das in den Schleimhautzellen der Prostata gebildet wird – sein Wert ist in Krebsgewebe bis zu zehnmal höher als in gesunden Zellpartien.

Vier Behandlungsmöglichkeiten

„Wenn die Diagnose feststeht, beraten wir den Patienten zu den vier Möglichkeiten der Therapie“, sagt Dr. Stephan Buse, Chefarzt der Urologie am Alfried-Krupp-Krankenhaus Essen.

Erstens: Den Tumor beobachten. Nicht immer muss der Mediziner sofort eingreifen. Vor allem bei Männern ab 75 Jahren warten die Ärzte häufig ab, wie sich der Tumor entwickelt. Denn er wächst meist langsam über Jahre und regelmäßige Kontrollen können zeigen, ob er aggressiver wird. Sobald dies der Fall ist, kommen andere Behandlungsmethoden infrage.

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Zweitens: Die Prostata entfernen – ein Roboter hilft. Inzwischen kann die von einem Tumor befallene Prostata auch mit Hilfe der Schlüsselloch-Operation entfernt werden. Üblicherweise wird die Operation mit Instrumenten gemacht, die durch schnell verheilende Mini-Schnitte von höchstens zwei Zentimetern Länge in den Körper gelangen. Chefarzt Buse nutzt hierfür den OP-Roboter DaVinci, den er von einem Extra-Terminal aus steuert. Er ersetzt quasi die Augen und Hände des Mediziners innerhalb des Körpers des Patienten.

Drittens und Viertens: Den Tumor bestrahlen – auf zwei Arten. Bei Prostatakrebs kann der Tumor nicht nur von außen über die Haut bestrahlt werden. Es ist auch möglich, ihn durch kleine Strahlenquellen zu zerstören, die auf Dauer innerhalb des Drüsengewebes eingesetzt werden. „Die Prostata wird damit quasi gespickt“, erklärt Oberärztin Carolin Eva Hach das Vorgehen bei der sogenannten Brachytherapie.

Studie zu den Vorteilen der Therapien

„Bisher haben wir keine Daten dazu, welche der vier Behandlungsmethoden größere Vorteile für die Patienten bringen“, sagt Chefarzt Dr. Stephan Buse. Genaue Erkenntnisse hierzu soll die „Prefere-Studie“ liefern, die jetzt über vier Jahre läuft. 13 Jahre Nachbeobachtung sollen folgen. „Als zertifiziertes Studienzentrum nehmen wir und unser Netzwerk niedergelassener Urologen daran teil. Das Ziel ist es, anhand der Daten anschließend den Erfolg der Therapien vergleichen und besser beurteilen zu können“, erklärt Medizinerin Hach. Sie hat als Assistenzärztin bei Professor Michael Stöckle an der Uni-Klinik des Saarlandes in Homburg/Saar gearbeitet. Stöckle ist Mitinitiator der Studie, für die jetzt rund 7400 Teilnehmer gesucht werden.

Im Namen „Prefere-Studie“ steckt „to prefer“, was auf Englisch „etwas vorziehen“ heißt. Ein Hinweis darauf, dass auch Patienten mitmachen können, die eine oder maximal zwei Behandlungsmethoden lieber nicht in Anspruch nehmen möchten. „Grundsätzlich sollte man aber für alle Therapien offen sein“, sagt Dr. Hach.

Wer sich entscheidet, dabei zu sein, hat keine zusätzlichen Untersuchungen zu den üblichen zu erwarten und bekommt in der Nachsorge nach der Behandlung die gleichen Fragebögen zur körperlichen und seelischen Gesundheit wie andere Patienten. „Allerdings kann er sicher sein, von erfahrenen Spezialisten betreut zu werden – und hilft uns dabei, für die künftige Behandlung von Patienten wertvolle Schlüsse zu ziehen“, betont Chefarzt Dr. Stephan Buse.