Essen.. Jährlich rund 73.000 Menschen in Deutschland erhalten die Diagnose Darmkrebs. Damit ist diese Krebsart, nach Brust- und Prostatakrebs, die zweithäufigste. Dennoch gehen lange nicht alle Menschen, die dazu berechtigt sind, zur Vorsorge. Grund dafür ist häufig die Angst vor der Untersuchung. Die ist jedoch viel weniger unangenehm als die meisten Denken und eine Früherkennung kann den Krebs verbeugen.
Darmkrebs – eine Diagnose, die jährlich rund 73.000 Menschen in Deutschland erhalten. Nach Brust- und Prostatakrebs ist er der zweithäufigste Krebs bei Frauen und Männern. Trotzdem nimmt bislang nur jeder fünfte Berechtigte die angebotene Darmkrebs-Vorsorge wahr. Und dies, obwohl mit der Vorsorge die Entstehung dieses Krebses fast vollständig verhindert werden kann. Denn Darmkrebs entwickelt sich über Jahre. Die Vorstufen sind in der Regel Polypen im Darm. Ziel der Früherkennung ist es, sie zu entdecken, zu entfernen – und so einen Krebs zu verhindern. Wie man Darmkrebs vorbeugen kann und was zu tun ist, wenn man an ihm erkrankt ist, haben vier Darmkrebs-Spezialisten den Lesern an unserem Gesundheitstelefon erklärt.
Ich hatte 2011 Polypen im Darm. Diese wurden entfernt und waren gutartig. 2012 war ich noch einmal bei der Darmspiegelung. Es war kein Polyp mehr zu sehen. Wann muss ich wieder zur Kontrolle?
Man geht so vor: Der Arzt trägt vorhandene gutartige Polypen ab und lässt diese vom Pathologen untersuchen. Der Zeitpunkt der Kontroll-Untersuchung hängt von der Art und der Anzahl der Polypen ab. In der Regel reicht eine erneute Darmspiegelung nach drei bis fünf Jahren. In bestimmten Fällen – wie zum Beispiel bei sehr vielen Polypen im Darm – kann eine frühere Kontrolle erforderlich sein. Grundsätzlich wichtig ist: Jeder entfernte Polyp muss von einem Pathologen untersucht werden, um festzustellen, um welche Art von Gewebe es sich genau handelt. Vormals gutartige Polypen können entarten. Das dauert aber in der Regel 10 Jahre und länger. Menschen, die Darmkrebs hatten, bekommen übrigens von der Klinik einen Nachsorge-Pass. Dieser führt auf, was an Kontroll-Untersuchungen zu machen ist.
Ab wann bezahlen die Krankenkassen die Darmkrebs-Vorsorge?
Die gesetzlichen Kassen übernehmen ab dem 50. Lebensjahr die Kosten für den jährlichen Stuhlbluttest sowie eine Austastung des Mastdarms. Ab einem Alter von 55 wird eine Darmspiegelung bezahlt. Hat man Blut im Stuhl oder andere Beschwerden, die abgeklärt werden müssen, wird die Spiegelung zu jedem Zeitpunkt, also auch früher bezahlt. Wird bei einer Darmspiegelung nichts gefunden, muss man die nächste erst, so man keine Beschwerden hat, zehn Jahre später machen. Bei Verdacht auf einen Darmkrebs oder eine familiäre Vorbelastung übernimmt die Kasse die Kosten für die Darmspiegelung auch unabhängig vom Alter.
Meine Mutter hatte Darmkrebs mit 55 Jahren. Was bedeutet das für mich? Ich bin jetzt 30.
Bei Fällen von Darmkrebs oder Darmpolypen in der Familie erhöht sich das Risiko für eine Darmkrebs-Erkrankung. Diese familiäre Belastung, deren Ursache man nicht kennt, ist umso größer, je mehr Verwandte ersten Grades – also Eltern oder Geschwister – diesen Krebs hatten. Gibt es Darmkrebs in der Familie, wird eine Darmspiegelung vor dem 55. Lebensjahr empfohlen. Als Faustregel gilt: Man sollte rund 10 Jahre bevor ein Angehöriger an Darmkrebs erkrankte, die Spiegelung machen lassen, spätestens aber im Alter von 40 bis 45 Jahren. Die Kontroll-Untersuchungen sollten in diesen Fällen alle fünf Jahre stattfinden – je nach Risiko und Befund.
Es gibt doch auch einen erblichen Darmkrebs. Wie häufig ist der?
Rund drei bis fünf Prozent der Darmkrebs-Fälle sind erbliche Formen. Menschen, die dies in der Familie haben, sollten ab dem 25. Lebensjahr eine Darmspiegelung machen lassen. Häufig sind in diesen Fällen jährliche Spiegelungen erforderlich. Besteht der Verdacht auf erblichen Darmkrebs in der Familie, sollte man mit einem hierfür ausgewiesenen Darmzentrum Kontakt aufnehmen.
Welche Symptome deuten auf Darmkrebs hin?
Welche Symptome deuten auf einen Darmkrebs hin?
Häufige Symptome sind Blut im Stuhl oder wechselnder Stuhlgang – also einmal eine Woche Verstopfung und dann eine Woche Durchfall. Vorsicht ist auch geboten, wenn sich der Stuhlgang auf einmal ändert. Andere mögliche Beschwerden sind Müdigkeit und Abgeschlagenheit oder Schmerzen im Bauch. Allerdings verursacht Darmkrebs häufig erst spät Probleme, deshalb ist die Vorsorge so wichtig.
Ich hatte vor drei Monaten Darmkrebs, bin operiert worden, habe aber keine Chemo benötigt. Jetzt habe ich einen verstärkten Drang, zur Toilette zu gehen.
So eine Operation braucht seine Zeit. Der Darm muss sich davon erholen. Man kann auch schauen, ob der Stuhl-Drang etwas mit der Ernährung zu tun hat und sich dann danach richten. Es gibt auch Medikamente, die den verstärkten Stuhl-Drang bremsen. Darüber kann man mit dem Hausarzt sprechen. In der Regel ist es so, dass sich der Stuhl innerhalb eines Jahres nach der OP von selbst reguliert.
Ich habe Angst vor einer Darmspiegelung.
Das ist nicht nötig. In Deutschland darf eine Spiegelung nur von Experten, die strenge Qualitätskriterien erfüllen, durchgeführt werden. Das sind niedergelassene Gastroenterologen oder Internisten, die auf Magen-Darm-Erkrankungen spezialisiert sind. Das Risiko, dass bei einer Darmspiegelung etwas passiert, ist nicht null, aber sehr gering. Vor der Spiegelung gibt es auf Wunsch eine Schlafspritze. Es gibt Patienten, die fragen: Wann fangen wir denn an? Dabei ist die Spiegelung schon vorbei. Man sollte sich nach der Untersuchung abholen lassen und darf nach einer Schlafspritze auf keinen Fall selber Auto fahren. Darmspiegelungen dauern in der Regel zwischen 15 und 30 Minuten. Es geht hier nicht um Schnelligkeit, sondern Gründlichkeit. Für fast alle Patienten ist die Darmreinigung vor der Spiegelung der unangenehmste Teil der Untersuchung.
Was kann man tun, um Darmkrebs vorzubeugen?
Warum wird bei Darmkrebs immer empfohlen, sich in einem zertifizierten Darmzentrum behandeln zu lassen?
Experten: Weil man sich dort auf das Thema spezialisiert hat und man nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen behandelt wird. Die Zertifizierung der Einrichtung nimmt die Deutsche Krebsgesellschaft nach festgelegten Qualitätsmerkmalen vor.
Was kann man tun, um einem Darmkrebs vorzubeugen?
Gesund leben: sich bewegen, Sport treiben. Risikofaktoren sind das Rauchen, regelmäßiger Alkoholkonsum und Übergewicht. Pluspunkte sind: eine abwechslungs-, vitamin- und ballaststoffreiche Kost und nur ein- bis zweimal in der Woche Fleisch. Studien haben gezeigt, dass der häufige Verzehr von rotem Fleisch (Schwein, Rind, Lamm) und Wurst-Produkten das Darmkrebs-Risiko erhöht! Auch chronisch entzündliche Darm-Erkrankungen erhöhen das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, ebenso Diabetes Typ 2. Patienten mit Darmdivertikeln und Patienten mit einem Reizdarm haben kein erhöhtes Risiko.
Vor der Darmspiegelung muss der Darm ja entleert werden. Dazu muss man eine Salzlösung trinken. Ich bekomme das Zeug nicht runter.
Es gibt einige Tipps, um die Verträglichkeit der Lösung zu verbessern. Diese zum Beispiel kühlen und mit Orangensaft mischen. Wenn Ihre Nieren in Ordnung sind, gibt es auch Alternativ-Präparate. Fragen Sie Ihren Arzt, der die Spiegelung machen wird.
Ich bin seit 2012 wegen eines Darmpolypen in Behandlung. Der konnte bisher aber noch nicht ganz abgetragen werden. Ich habe jetzt wieder einen Termin zu einer Darmspiegelung, wo man das versuchen will. Muss das sein?
Ja. So ein Polyp muss vollständig entfernt werden, um sicherzustellen, dass daraus kein Krebs entstehen kann!
Was können Stuhlbluttests eigentlich erkennen und was nicht?
Also: Die Darmspiegelung ist die zuverlässigste aller Früherkennungs-Untersuchungen für den Darmkrebs. Die Sicherheit, mit einer Darmspiegelung einen Darmkrebs zu erkennen, liegt bei über 95 Prozent. Die Spiegelung wird im Rahmen der Krebsvorsorge von den Krankenkassen ab dem 55. Lebensjahr bezahlt. Wenn jemand gesundheitliche Beschwerden oder Darmkrebs in der Familie hat, natürlich auch vorher. Den Stuhlblut-Test gibt es als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen ab dem 50. Lebensjahr. Er erkennt Blutungen im Magen-Darm-Trakt. Aber nicht jeder Polyp und nicht jeder bösartige Tumor bluten! Herkömmliche Stuhlbluttests, die die gesetzlichen Kassen zahlen, sogenannte Löschblatt-Tests, erkennen etwa 40 bis 60 Prozent der bösartigen Tumore und 10 bis 20 Prozent der Polypen. Neuere Stuhltests auf verstecktes Blut (sogenannte immunologische Stuhltests) entdecken Blut im Stuhl früher als die herkömmlichen Tests. Sie sind aber häufiger positiv, obwohl kein Tumor vorliegt. Diese Tests werden nicht von den Krankenkassen bezahlt. Ihr Arzt kann Sie beraten.
Wie funktioniert eine Darmspiegelung?
Ich habe gehört, dass man, statt eine Darmspiegelung zu machen, auch eine Kamera schlucken kann, die durch den Darm fährt.
Die sogenannte Kapselendoskopie, bei der von der verschluckten Kamera Bilder vom Inneren des Darms gemacht werden, eignet sich sehr gut für Untersuchungen des Dünndarms. Für Untersuchungen des Dickdarms ist sie noch nicht ausgereift. Gibt es Probleme bei einer Darmspiegelung, kann der Darm auch mit einer Computertomographie (CT) oder auch per Magnetresonanztomographie (MRT) untersucht werden. Mit diesen Methoden kann man Tumore und Polypen entdecken, die größer als ein Zentimeter sind. Zu bedenken ist, dass das CT mit Röntgenstrahlen arbeitet und daher mit einer gewissen Strahlenbelastung einhergeht.
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Ich hatte 2009 Darmkrebs. Ich muss regelmäßig zur Kontrolle. Beim letzten Mal war der Tumormarker erhöht. Man hat daraufhin eine Darmspiegelung gemacht, bei der aber nichts festgestellt wurde. Welche Bedeutung hat so ein Tumormarker überhaupt?
Der Tumormarker für den Darm ist der sogenannte CEA-Marker. CEA ist die Abkürzung für Carcinoembryonales Antigen. In der Nachsorge bei Darmkrebs kann die CEA-Menge im Blut als sogenannter Tumormarker Hinweise auf ein Lokalrezidiv (da kommt es wieder zu einem Tumor, wo schon vorher einer war) oder Metastasen liefern. Hierzu wird die Konzentration des CEA im Blut gleich nach der Operation des Darmtumors bestimmt. Steigt der CEA-Wert im Verlauf an, kann das ein Hinweis auf ein erneutes Tumorwachstum sein. CEA wird in einem Großteil der Fälle von Darmkrebszellen vermehrt gebildet und gelangt ins Blut. Allerdings gibt nicht jeder Darmkrebs CEA in hohem Maße ins Blut ab! Dazu wird CEA auch von anderen Körperzellen freigesetzt, etwa von gesunden Darmzellen, von Zellen der Bauchspeicheldrüse, Leber und anderer Organe. Ansteigende CEA-Werte im Blut findet man daher nicht nur bei Darmkrebs, sondern auch bei anderen, auch gutartigen Erkrankungen unterschiedlicher Organe. Wichtig: Allein ein hoher CEA-Wert bedeutet also keinesfalls sofort Darmkrebs!
Warum sind engmaschige Nachsorge-Untersuchungen bei Darmkrebs wichtig?
In den Fällen, wo Darmkrebs durch die Krebstherapie vollständig entfernt werden konnte, sorgen Nachsorge-Untersuchungen dafür, einen möglichen Tumorrückfall (Rezidiv) oder einen Zweittumor frühzeitig zu erkennen. Denn: Je früher man eine erneute Erkrankung erkennt, desto besser sind die Heilungschancen bei der erneuten Behandlung. Ein Lokalrezidiv ist ein Tumor, der an der Stelle, an der bereits ein Tumor saß, nachwächst. Das ist möglich, wenn bei der Operation und Weiterbehandlung doch nicht alle Krebszellen des Tumors entfernt werden konnten. Beim Dickdarmkrebs sind Lokalrezidive selten, da durch die radikalen Operationstechniken oft ein sicheres Entfernen des Tumors gewährleistet ist. Anders ist es beim Mastdarmkrebs, weil im engen Beckenbereich trotz einer radikalen Operation leichter Krebszellen „hängenbleiben“ können, weshalb eher ein Lokalrezidiv auftritt. Es kann Metastasen geben, wenn sich Krebszellen vom Tumor abgelöst haben und später Absiedlungen in anderen Organen bilden. Beim Darmkrebs entstehen Metastasen am häufigsten in der Leber, seltener in der Lunge. Metastasen können bei Darmkrebs in vielen Fällen recht gut behandelt werden. Ein Zweittumor ist eine Tumorerkrankung, die unabhängig vom ersten Tumor entsteht. Also: Der zweite Darmtumor entsteht an einer anderen Stelle im Darm als der Ersttumor. Man weiß aus Erfahrung, dass Darmkrebs-Patienten ein erhöhtes Risiko haben, einen erneuten, zweiten Darmkrebs zu entwickeln. Dieses Risiko scheint umso größer zu sein, je jünger der Krebspatient bei seinem ersten Tumor war. Wie oft man nach einem Darmkrebs zu einer Nachsorge gehen sollte, hängt maßgeblich von dem ursprünglichen Darmkrebs-Befund ab. Das wird Ihnen Ihr behandelnder Arzt sagen.
Sind Divertikel, also Ausstülpungen im Darm, gefährlich?
Divertikel selber sind erst einmal nicht gefährlich und verursachen keinen Darmkrebs. Bei einigen Patienten können sich die Divertikel aber entzünden. Man spricht dann von einer Divertikulitis. Eine Darmspiegelung kann auch bei Patienten mit Divertikeln durchgeführt werden, kann aber schwieriger sein als bei einem “normalen Darm“. Bei einer schweren aktiven Divertikulitis führt man nur in Ausnahmefällen eine Spiegelung durch und sichert die Diagnose durch Ultraschall oder ein CT vom Darm.