Paris. Über zwei Kontinente hinweg haben Forscher Ratten kommunizieren lassen - per Elektronen im Hirn der kleinen Nager. Über eine Internetverbindung wurden Impulse von Hirn zu Hirn gesendet. So konnten die Ratten einfache Aufgaben gemeinsam lösen - und die Forscher mit der Art der Verbindung verblüffen.
Ratten, die durch Elektroden in ihren Köpfen miteinander verbunden sind, können über Kontinente hinweg miteinander kommunizieren und gemeinsam einfache Aufgaben lösen. Dies ergab ein Experiment, das der Neurobiologe Miguel Nicolelis vom Institut für Neurowissenschaften im brasilianischen Natal mit Kollegen von der Duke-University im US-Bundesstaat North Carolina vornahm. Die Studie wurde am Donnerstag in der Fachzeitschrift "Nature Scientific Reports" veröffentlicht.
Der Untersuchung zufolge hatte das Forscherteam in Brasilien Ratten zunächst beigebracht, eine einfache Aufgabe zu erfüllen: Um etwas Wasser zu bekommen, mussten sie auf einen Hebel drücken, wenn über diesem eine kleine Lampe aufleuchtete. Anschließend pflanzten die Forscher den Tieren winzige Elektroden in den Teil des Gehirns, der Körperbewegungen steuert, und stellten via Internet eine Verbindung zwischen den Elektroden von jeweils zwei räumlich getrennten Ratten her.
Verbindung funktioniert in beide Richtungen
Die erste Ratte löste die Aufgabe, die sie gelernt hatte, problemlos. In dem Moment, in dem sie den Hebel drückte, wurde ihre Hirntätigkeit in elektrische Impulse verschlüsselt. Diese wurden simultan dem Gehirn der Partner-Ratte übermittelt. Für sie gab es keine Lampe, die ihr den richtigen Hebel anzeigte. Sie war daher völlig auf die Signale ihres Partners angewiesen. Dank dieser Signale hätten die Ratten in 70 Prozent der Fälle die Aufgabe richtig gelöst, versicherten die Forscher.
Die Verbindung funktioniert nach ihren Angaben sogar in beide Richtungen: Wenn sich eine Ratte täuschte, verstärkte die andere die Signale, um sie deutlicher zu machen - und der Empfänger drückte häufiger auf den richtigen Hebel. Wie der "Entschlüssler" es schaffe, die Signale seines Artgenossen zu verstehen und sie in seinem eigenen Hirn umzusetzen, liege aber noch im Dunkeln, räumte Nicolelis ein.
Ein biologischer Computer
"Wir haben eine funktionelle Verbindung zwischen zwei Gehirnen hergestellt und auf diese Weise ein Superhirn geschaffen", fasste der Forscher das Experiment zusammen. In einem nächsten Schritt könnten die Gehirne mehrerer Ratten mit Hilfe von Elektroden miteinander verbunden werden. Dadurch würde eine Art "biologischer Computer" entstehen - ein interaktives Hirn-Netzwerk.
Nach Überzeugung des Neurobiologen könnte das Experiment eines Tages auch Menschen zugute kommen, etwa Gelähmten beziehungsweise Patienten mit dem sogenannten Locked-in-Syndrom, bei dem Menschen bei Bewusstsein, aber körperlich fast vollständig gelähmt sind. (afp)