Berlin. Die Krankenhäuser in Deutschland leben finanziell nicht gerade gesund: Ein Drittel aller Krankenhäuser macht bereits Verluste. Tendenz steigend. Sie werden immer mehr zum Wirtschaftsunternehmen - mit fatalen Folgen für die Patienten.
Immer mehr Krankenhäuser rutschen ins Minus. Rund ein Drittel der gut 2000 Kliniken in Deutschland ist bereits in den roten Zahlen. Der Anteil der Kliniken mit Verlusten stieg nach den jüngsten Zahlen von 21 Prozent auf 31 Prozent im Jahr 2011. Das ist das Ergebnis des neuen Krankenhaus Barometers des Deutschen Krankenhausinstituts, das am Mittwoch in Berlin veröffentlicht wurde.
Die Internet-Liste "kliniksterben.de" illustriert die Lage: Fast täglich werden Berichte über geschlossene Abteilungen oder Demonstrationen gegen drohende Krankenhausschließungen eingestellt. Eine andere Kehrseite des finanziellen Drucks: Kliniken sollen alleine wegen des Umsatzes immer öfter operieren.
Die Umfrage des Krankenhausinstituts bei den Kliniken zeigt, dass sich deren Wirtschaftslage trotz stark steigender Kassenausgaben für Klinikbehandlungen in den vergangenen Jahren verschlechtert habe. Bei fast 60 Prozent der Krankenhäuser gingen die Umsätze zurück.
40 Prozent der Krankenhäuser blicken pessimistisch in die Zukunft
Ihre Wirtschaftslage schätzte vergangenes Jahr nur gut ein Viertel der Kliniken als gut ein. Noch pessimistischer seien die Erwartungen für 2013: 22 Prozent erwarten eine Verbesserung, 40 Prozent eine Verschlechterung. Als Grund nennt die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) politisch gewollte milliardenschwere Kürzungen sowie hohe Personal-, Energie- und Sachkostensteigerungen.
Auffallend sind laut der Studie besonders die Einbrüche bei den mittelgroßen Häusern - der Anteil dieser Kliniken mit Jahresüberschuss sank von 75 auf 58 Prozent. Die Kliniken werfen den Kassen Zahlungsverzögerungen und -verweigerungen vor. "Zwei Drittel aller Krankenhäuser in Deutschland sind davon regelmäßig betroffen", so die DKG. So hätten sich Außenstände von 1,1 Milliarden Euro aufgetürmt. Die Koalition solle den Krankenhäusern finanziell helfen.
AOK kritisiert Wettbewerbsfähigkeit der Krankenhäuser
Die Kassen widersprachen vehement. Die Klinikfinanzierung sei völlig aus dem Gleichgewicht geraten, sagte AOK-Vorstand Uwe Deh der dpa. "Es fehlen in Deutschland eine bedarfsorientierte Krankenhausplanung und ein wettbewerbliches Vertragssystem zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen."
Kassenverband fordert "patientenorientiertes Management"
Kassenverbandssprecher Florian Lanz sagte: "Weil jedes fünfte Klinikbett leer steht und Deutschland gleichzeitig darunter leidet, dass viel zu viele medizinisch unnötige Operationen gemacht werden, brauchen die Krankenhäuser nicht mehr Geld, sondern modernere Strukturen und ein patientenorientiertes Management."
Laut dem jüngsten Klinikreport des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung haben kleine Häuser mit großem Angebot und hohen Kosten immer weniger eine Zukunft: Insgesamt drohe fast jeder sechsten Klinik die Pleite.
Zahl alter Patienten nimmt zu
Der demografische Wandel wirkt sich auch auf die Kliniken aus. Laut der neuen Studie nahm der Anteil der Patienten über 80 zwischen 2000 und 2010 von 11 auf 15 Prozent zu. Die Zahl hochbetagter Klinikpatienten werde wohl von 2,7 Millionen 2010 auf 3,8 Millionen 2020 steigen.
Die Kassen-Ausgaben für Klinikbehandlungen stiegen 2011 von 58,8 auf 60,8 Milliarden Euro. Vergangenes Jahr gab es erneut einen deutlichen Anstieg. Grundlegende Reformen auf dem Kliniksektor waren in den vergangenen Jahren am Widerstand der Länder gescheitert. (dpa)