Ann Arbor. Ein US-Forscherteam hat herausgefunden, dass Schweißdrüsen einen wichtigen Beitrag beim Heilen von Schürfwunden leisten. Die Schweißdrüsen können demnach Zellnachschub für die verletzte Haut liefern. Die Forscher bezeichneten dies als “eines der bestgehüteten Geheimnisse des Körpers“.
Schweißdrüsen spielen eine bisher völlig übersehene Schlüsselrolle beim Heilen von Schürfwunden: Sie liefern den Löwenanteil des benötigten Zellnachschubs, der für die Reparatur der Haut nötig ist. Das hat jetzt ein US-Forscherteam herausgefunden. Die betreffenden Drüsen kommen ausschließlich in der Haut des Menschen vor und fehlen bei den normalerweise für die Forschung zur Wundheilung genutzten Labortieren völlig. Aus diesem Grund blieb ihr Beitrag bisher unentdeckt.
"Das regenerative Potenzial der Schweißdrüsen war eines der bestgehüteten Geheimnisse des Körpers", formuliert es Studienleiterin Laure Rittié von der University of Michigan in Ann Arbor. Sie und ihre Kollegen hoffen, mit Hilfe ihrer Erkenntnisse neue Ansätze für Wundheilungsstörungen und die Behandlung chronischer Wunden zu finden, wie sie im Fachmagazin "American Journal of Pathology" berichten.
Unerklärte Heilkräfte von Handflächen und Fußsohlen
Eigentlich hatten Wissenschaftler angenommen, der Zellnachschub für die Wundheilung stamme zum einen von der intakten Haut an den Rändern der Wunde und zum anderen aus Talgdrüsen und Haarfollikeln im verletzten Bereich. Allerdings heilen auch Verletzungen von Handflächen und Fußsohlen problemlos ab, obwohl es dort gar keine Haare gibt. Daher argwöhnten Rittié und ihr Team, dass es noch einen weiteren Akteur bei der Wundheilung geben müsse.
Ihr Verdacht fiel recht schnell auf die sogenannten ekkrinen Schweißdrüsen: Diese sitzen beim Menschen an der Grenze zwischen Haut und Unterhaut und produzieren den klaren, geruchlosen Schweiß, der die Haut kühlt und gleichzeitig ihren Säureschutzmantel aufrecht erhält. Insgesamt gibt es mehrere Millionen von ihnen, die relativ gleichmäßig über die ganze Haut verteilt sind.
Um ihre These zu testen, brachten die Wissenschaftler 31 Freiwilligen mit Hilfe eines Lasers leichte Verletzungen am Unterarm oder an der Handfläche bei. Die Wunden ähnelten Verbrennungen zweiten Grades oder tiefen Schürfwunden, die typischerweise nicht genäht werden. Anschließend überwachten die Forscher die Heilung und nahmen kleine Gewebeproben, die sie unter dem Mikroskop analysierten.
Ergebnis: Bereits nach drei Tagen begannen die bis dahin inaktiven Schweißdrüsen, Zellnachschub für die Oberhaut zu produzieren. Dieser wuchs von unten her in den verletzten Bereich hinein und begann sich auszubreiten, sobald er die Oberfläche erreicht hatte. Nach sieben Tagen waren 88 Prozent der geschädigten Haut nachgebildet, und nach zehn Tagen war die neue Haut komplett.
Effiziente und schnelle Strategie
Talgdrüsen und Haarfollikel trugen ebenfalls ihren Teil zur Heilung bei. Da es jedoch circa dreimal mehr Schweißdrüsen als Haarfollikel gebe, seien letztere nicht so entscheidend, erläutern die Wissenschaftler. Insgesamt sei die Strategie jedoch bemerkenswert effizient: Da jede Drüse um sich herum eine Art Mini-Reparaturzone erzeuge, müssten die neuen Zellen selbst bei großen Wunden nur den Abstand bis zur benachbarten Schweißdrüse überbrücken und nicht das gesamte verletzte Areal. Dadurch könne die geschädigte Haut sehr viel schneller wieder geschlossen werden.
Als nächstes soll nun die Quelle des Zellnachschubs in den Schweißdrüsen genauer charakterisiert werden. Die Forscher tippen auf ein Reservoir an Stammzellen, die bei einer Verletzung sehr schnell rekrutiert und zur Teilung animiert werden können. Sobald das klar sei, könne man versuchen, diese Stammzellen gezielt zu stimulieren. Das könnte helfen, etwa wundgelegene Stellen bei Schwerkranken oder auch chronische Wunden bei Diabetikern schneller und besser heilen zu lassen, ist die Hoffnung des Teams. (dapd)