Düsseldorf.. Sechs, sieben oder gar acht Medikamente - und das jeden Tag. Für viele Ältere ist das nicht ungewöhnlich. Aber die Risiken und Nebenwirkungen, die sich aus diesem Medizin-Mix ergeben, können erheblich sein. NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) kümmert sich nun um dieses Problem.

Jede zehnte Klinik-Einweisung von Älteren geht auf einen falschen Medikamenten-Mix zurück. Ein Drittel der 75- bis 85-Jährigen schluckt täglich mehr als acht Arzneimittel. NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) beklagt die hohe Zahl unerwünschter Wechselwirkungen: „Mehr als 60 Prozent dieser Einweisungen könnten vermieden werden.“

Nach Angaben der Ministerin nehmen in Deutschland sieben Millionen Menschen täglich fünf und mehr Medikamente dauerhaft ein. Gerade Senioren werden von verschiedenen Fachärzten oft Pillen verschrieben, bei denen gefährliche Wechselwirkungen auftreten können. In der Antwort auf eine CDU-Anfrage kündigte Steffens neue „geriatrische Leitlinien“ mit Entscheidungshilfen für Ärzte an. Außerdem sollen Heilberufe besser für Probleme älterer Patienten mit Mehrfach-Medikation geschult werden. Zudem sollen mehr Ältere in klinische Prüfungen neuer Arzneimittel einbezogen werden.

Nach Angaben der Ministerin wirken Beruhigungs- und Schlafmittel bei Älteren häufig stärker als bei jungen Menschen. In der Folge nehme deshalb das Sturzrisiko zu. Zudem bestehe ein höheres Risiko, von Medikamenten abhängig zu werden.

Oft sind Psychopharmaka der Grund

Eine Untersuchung in einem Altenheim hatte gezeigt, dass die meisten Nebenwirkungen das Verdauungssystem betrafen, gefolgt von neurologischen und Herzkreislauf-Problemen. So wurden Psychopharmaka für 33 Prozent der unerwünschten Arzneimittelwirkungen verantwortlich gemacht.

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Steffens verwies darauf, dass jeder Mensch ab dem 60. Lebensjahr im Schnitt drei verschreibungspflichtige Medikamente schluckt. Bei Älteren komme es häufig zu „Verschreibungs-Kaskaden“, bei de­nen Nebenwirkungen, die nicht als solche erkannt wer­den, zur Verordnung weiterer Medikamente führten. Frauen nehmen im Schnitt mehr Arzneimittel als Männer.

Von acht auf sechs Medikamente im Schnitt

Tests in Alten- und Pflegeheimen in Nordrhein-Westfalen ergaben, dass Patienten zu Beginn der Studie im Schnitt acht Medikamente einnahmen. Nach der Schulung durch eine Pharmazeutin konnte die Einnahme auf sechs Medikamente verringert werden.

Auf einer Gesundheitskonferenz am 22. November beschäftigen sich Experten mit der Arzneimittelsicherheit in NRW. Dabei will Ministerin Steffens das Bewusstsein der im Gesundheitssystem Tätigen für die Risiken der Mehrfach-Einnahme von Medikamenten gerade bei Älteren schärfen.