Essen. Viele Jugendliche haben Hörschäden. „Der Graf“, Sänger der Band Unheilig und ausgebildeter Hörgeräteakustiker, gibt im Interview Tipps, wie Sie Lärmstress vermeiden und was Sie zum Schutz der Ohren tun können.

„Der Graf“ engagiert sich. Denn das Thema ist ihm wichtig: Zwölf bis 14 Millionen Menschen in Deutschland, so Schätzungen, leiden unter Hörproblemen. Jeder fünfte Erwachsene – und schon jeder zehnte Jugendliche. Alarmierende Zahlen, wie der Sänger der Band „Unheilig“ findet, und macht sich deshalb – wie Sting, Harry Belafonte oder Placido Domingo – als Botschafter für „Hear the world“ stark. Eine weltweite Initiative eines Schweizer Hörgeräteakustikers, die darüber aufklären will, wie wichtig gutes Hören ist.

Sie waren einmal selbst Hörgeräteakustiker.

Der Graf: Ja. Heute bin ich eine Person der Öffentlichkeit und habe für manche auch eine Vorbild-Funktion. Wenn ich Projekte gut finde, setze ich mich dafür ein. Ich will mithelfen, darüber aufzuklären, dass man seine Ohren schützen muss. Sie sprechen nicht nur darüber, sondern tun auf Ihren Konzerten auch etwas dafür. Zu uns kommt ein Publikum, das zwischen acht und 80 ist. Für kleine Kinder kann man bei unseren Auftritten kostenlos Schallschutz-Kopfhörer ausleihen. Die senken die Hörschwelle ganz stark nach unten ab. Alles kommt wesentlich leiser ans Ohr ran. Für Kinder ist es auf Konzerten auch wichtig, dass sie nicht in der ersten Reihe stehen. Bei uns gibt es immer einen speziellen Familienbereich, der etwas weiter von der Bühne weg ist. Der wird auch noch speziell beschallt, damit es nicht zu laut ist.

Taschentücher im Ohr reichen nicht

Was ist mit Jugendlichen und Erwachsenen, die „Den Grafen“ hören wollen?

Der Graf: Auf unseren Konzerten können sie kleine Pfropfen für die Ohren bekommen. Es reicht nicht aus, sich ein Taschentuch in die Ohren zu stopfen – das erlebt man immer wieder. Darüber machen sich leider nur wenige Gedanken. Bei unseren Konzerten gibt es daher Stände von „Hear the world“, an denen Gehörtests gemacht und Info-Broschüren verteilt werden. Man erfährt dort auch, dass man seine Ohren ab und zu beim Ohrenarzt testen lassen sollte.

Das sensible Gehör schützen

Laut einer Studie des britischen „Royal National Institute For Deaf People“ lassen sich 39 Prozent der 18- bis 24-Jährigen mindestens eine Stunde täglich mit Musik bis zu 105 Dezibel beschallen – einer Lautstärke, die man dem Gehör nur 25 Minuten innerhalb einer Woche zumuten sollte. 15 Prozent der Deutschen benötigen eigentlich Hörgeräte, so Studien. Würden alle, die sie brauchen, welche tragen, würde dies 16 Milliarden Euro kosten – ohne Behandlungskosten. „Hear the World“ ist eine Initiative der Phonak AG, Tochter der Schweizer Unternehmensgruppe Sonova, die Hörsysteme herstellt.

Auf Konzerten ist es meist laut. Wie passt das zusammen?

Der Graf: Wir achten bei unseren Auftritten darauf, dass die Lautstärke-Pegel so sind, wie sie sein dürfen. Wir haben immer jemanden dabei, der vor Ort die Lautstärke misst. Zusätzlich zum Herrn vom Amt, der dort auch Test-Messungen macht. Wenn wir vor 20.000 Leuten spielen, haben wir auch eine Anlage für 20.000 Menschen. Viele Veranstalter machen den Fehler und bauen aus Kostengründen eine zu kleine Anlage auf, die dann nur laut gemacht wird. Das ist nicht gut.

Wenn man sich selbst einen Gehörschutz kaufen will, welcher taugt etwas?

Der Graf: Leute, die oft auf Konzerte gehen oder sonst viel Lärm um die Ohren haben – im Beruf oder im Alltag – sollten sich Gehörpfropfen beim Hörgeräteakustiker besorgen. Die kann man dort fertig bekommen oder sich auch für sich persönlich anfertigen lassen.

Ruhepausen fürs Gehör

Viele haben nach Konzerten ein taubes Gefühl auf den Ohren. Was ist das?

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Der Graf: Dann war es zu laut, auch wenn man einen leichten Brummton oder ein Pfeifen hört. So etwas kann schon dazu führen, dass das Gehör geschädigt ist. Die Hörschwelle ist dann durch die Lautstärke schon nach unten gesenkt worden. Was man vielleicht erst gar nicht merkt. Man darf nach einem Konzert kein anderes Gefühl auf den Ohren haben als vorher. Was auch ganz wichtig ist: Das Gehör muss Ruhephasen haben. Man darf nicht eine Woche lang jeden Abend auf ein Konzert gehen. Sonst muss man sich dann über Hörprobleme nicht wundern.

Was tun Sie für Ihre Ohren?

Der Graf: Wir machen zwischen den Auftritten immer drei, vier Tage Pause. Dies auch, damit sich die Ohren erholen können. Ich gehe jährlich zum Ohrenarzt, lasse einen Hörtest machen. Leider machen viele das erst, wenn Sie schon schlechter hören. Ein Alarmsignal ist, wenn man in Gesellschaft nicht mehr gut hört. Das sollte auf jeden Fall dazu führen, dass man einen Hörtest macht.