Cambridge. Das Diabetesmedikament Metformin fördert die Bildung neuer Gehirnzellen und verbessert das Gedächtnis. Das fanden kanadische Forscher nun in Experimenten mit Mäusen und menschlichen Zellen heraus. Diese neue Erkenntnis könnte auch der Alzheimer-Forschung zu Gute kommen.

Das Diabetes-Mittel Metformin hat eine überraschend positive Wirkung auf das Gehirn - und könnte sogar Alzheimer und andere neurologische Krankheiten behandeln helfen. Denn das Diabetesmedikament fördert die Bildung neuer Gehirnzellen und verbessert das Gedächtnis.

Das haben kanadische Forscher in Experimenten mit menschlichen Zellen und mit Mäusen herausgefunden. Injizierten sie den Mäusen über etwa einen Monat hinweg Metformin, vermehrten sich deren Gehirnzellen unter anderem in einem für das Gedächtnis besonders wichtigen Areal, dem Hippocampus.

In Labyrinthversuchen erwiesen sich diese Mäuse anschließend als deutlich lernfähiger als ihre unbehandelten Artgenossen. Das zeige, dass Metformin sowohl das Wachstum neuer Gehirnzellen stimuliere als auch das räumliche Gedächtnis verbessere, berichten die Forscher im Fachmagazin "Cell Stem Cell".

Regenerationsfähigkeit wird gestärkt

Auch in Kulturen mit menschlichen neuronalen Stammzellen habe das Metformin die Bildung neuer Gehirnzellen gefördert. "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Metformin die Basis für neue therapeutische Strategien gegen neurologische Erkrankungen des Menschen bilden könnte", schreiben Jing Wang vom Hospital for Sick Children der University of Toronto und seine Kollegen.

Gerade der Hippocampus spiele eine Schlüsselrolle für die geistige Leistung und sei durch Krankheiten wie Alzheimer oder einen Schlaganfall besonders gefährdet. Metformin stärke die Regenerationsfähigkeit dieses Gehirnbereichs und könnte daher den Schäden entgegenwirken, sagen die Forscher.

Bereits zuvor hatte es erste Anzeichen dafür gegeben, dass sich die Symptome von Alzheimer-Patienten leicht besserten, die Metformin wegen einer Diabetes eingenommen hatten. Bisher sei dies aber auf den besser eingestellten Blutzuckerspiegel und die Behandlung der Diabeteserkrankung zurückgeführt worden, berichten die Wissenschaftler.

Stammzellen entwickelten sich weiter

Jetzt zeige sich, dass Metformin unabhängig von seiner Wirkung auf den Diabetes auch dazu beitrage, neue Gehirnzellen wachsen zu lassen. Es könnte daher auch die Reparatur der bei Alzheimer geschädigten Hirnbereiche fördern. Der große Vorteil sei, dass das Medikament bereits auf dem Markt sei und sich bei zahllosen Diabetespatienten bereits als verträglich und sicher erwiesen habe.

Für ihre Studie hatten die Forscher zunächst neuronale Stammzellen von Mäusen in einem Nährmedium gezüchtet, das 500 Mikroliter Metformin enthielt. Bereits nach drei Tagen zeigten sich in den Zellkulturen Anzeichen dafür, dass sich die Stammzellen zu unreifen Gehirnzellen weiterentwickelten, wie die Wissenschaftler berichten.

Das Gleiche habe man in einem weiteren Ansatz mit menschlichen neuronalen Stammzellen beobachtet. Weitere Tests ergaben, dass das Metformin einen speziellen Stoffwechselweg in den neuronalen Stammzellen aktivierte. Dieses Signal bringe die Zellen dazu, sich zu teilen und zu verschiedenen Gehirnzellen weiterzuentwickeln, sagen die Forscher.

Labyrinthtest mit Mäusen

Um zu testen, welchen Effekt das Metformin im lebenden Organismus hat, injizierten die Wissenschaftler erwachsenen Mäusen über 38 Tage hinweg täglich das Mittel in einer Dosis von 200 Milligramm pro Kilogramm. "Metformin erhöhte die Bildung neuer Gehirnzellen vor allem im Hippocampus der Mäuse", berichten Wang und seine Kollegen.

Dass dieser Effekt sich auf das Gedächtnis der Mäuse auswirkte, zeigte ein anschließender Labyrinthtest. Die Tiere mussten sich zunächst die Lage einer knapp unter der Wasseroberfläche verborgenen Plattform merken und diese schwimmend ansteuern.

War dies gelungen, veränderten die Forscher den Standort der Plattform und testeten, wie lange die Mäuse benötigen, um auch den neuen Ort zu erlernen. Die mit Metformin behandelten Mäuse hätten dabei deutlich besser abgeschnitten als ihre nicht behandelten Artgenossen, berichten die Wissenschaftler. (dapd)