Essen. . Auf unserem Körper leben über 10.000 Bakterienarten. Viele davon sind nützlich für den Menschen. Interessant ist auch: Kaum zwei Menschen weisen genau die gleiche Bakterienfauna auf. Forscher erstellten nun ein Mikrobium, eine umfassende Bestandsaufname unserer mikrobiellen Mitbewohner.

Die Mikrobenwelt in und auf unserem Körper ist deutlich vielfältiger als bisher angenommen: Mindestens 10.000 verschiedene Arten von Bakterien besiedeln das Ökosystem Mensch. Das zeigt die erste umfassende Bestandsaufnahme unserer mikrobiellen Mitbewohner - des sogenannten Mikrobioms - durch einen internationalen Forschungsverbund. Insgesamt trägt jeder Mensch Billiarden von größtenteils harmlosen Bakterien mit sich - gut zehnmal mehr als wir eigene Zellen besitzen. Wie sich jetzt zeigt, leben an den verschiedenen Stellen unseres Körpers - ob Mund, Haut oder Darm - ganz unterschiedliche Bakteriengemeinschaften. Die mikrobielle Vielfalt ist im Speichel und Darm am größten, in der weiblichen Vagina am geringsten.

Und auch jeder Mensch ist in Bezug auf sein Mikrobiom einzigartig, wie das Human Microbiome Project Consortium in zwei Beiträgen im Fachmagazin "Nature" (doi:10.1038/nature11234) und in 12 weiteren, gleichzeitig erscheinenden Veröffentlichungen in anderen Fachjournalen berichtet. Die Vielfalt und Menge der Bakterien sei selbst zwischen gesunden, ähnlich lebenden Personen erstaunlich unterschiedlich.

"Es gab keine Bakterienart, die bei allen 242 Testpersonen und an allen Körperstellen gefunden wurde", berichten die Forscher. Stattdessen sei jeder Lebensraum auf dem Körper fast jedes Menschen von einer oder mehreren typischen Arten geprägt. So könne ein bestimmtes Darmbakterium bei einem Menschen 90 Prozent der Darmflora ausmachen, bei einem anderen aber fehlen oder nur zu 0,1 Prozent vorkommen. Dennoch seien beide völlig gesund und die Darmflora intakt.

Die harmlosen Mitbewohner überwiegen bei weitem

Die meisten unserer Mitbewohner sind harmlos, wie die Wissenschaftler feststellten. Ernsthafte Krankheitserreger wie Salmonellen, den Magenkeim Helicobacter pylori oder den Durchfallerreger Vibrio cholerae habe man in keiner der Proben gefunden. Selbst den Darmkeim Escherichia coli wiesen sie nur in 15 Prozent der Proben und da auch nur in extrem geringen Mengen nach. Nicht besonders zahlreich, aber durchaus regelmäßig vertreten waren Keime, die bei gesunden Menschen keinerlei Probleme bereiten, aber bei geschwächtem Immunstem durchaus Infekte verursachen können.

"Es ist nicht möglich, die Gesundheit und die Krankheiten des Menschen zu verstehen, ohne die enorme Masse der Mikroorganismen zu erforschen, die wir alle mit uns tragen", sagt George Weinstock von der Washington University, einer der leitenden Wissenschaftler des Projekts. Erst wenn man wisse, welche Mikroben normalerweise in den verschiedenen ökologischen Nischen unsere Körper leben, könne man feststellen, was bei verschiedenen Krankheiten schieflaufe oder warum Krankheitserreger sich manchmal rasant ausbreiteten.

Mikrobiom umfasst 360 Mal mehr Gene als der Mensch

Die Analysen ergaben auch, dass das Mikrobiom rund acht Millionen einzigartige, nicht beim Menschen vorhandene Gene in unseren Körper bringt. Das menschliche Genom trägt nur rund 22.000 solcher Bauanleitungen für Proteine in sich. Viele der bakteriellen Gene und Stoffwechselprozesse seien für unser Überleben und unsere Gesundheit wichtig, wie die Forscher betonen. So ermöglichen es uns Bakterien in unserem Darm erst, auch Nahrung zu verdauen, die wir allein nicht verwerten könnten.

Für das Projekt hatten Forscher in den letzten fünf Jahren 4.788 Proben von 242 US-Bürgern - zur Hälfte Frauen und zur Hälfte Männer - ausgewertet. Bei den Frauen wurden an 18 Körperstellen Abstrichproben genommen, darunter von der Mundschleimhaut, den Mandeln, dem Zahnfleisch, der Haut hinter den Ohren, der Nase und der Scheide. Bei den Männern an 15 Körperstellen, da bei ihnen die Vaginalproben entfielen. Stuhlproben erfassten zusätzlich die Bakterienflora des Verdauungstrakts. Die Wissenschaftler identifizierten die Mikroben anhand ihrer genetischen Signaturen. Vor allem die 16S-RNA, ein in den Proteinfabriken aller Zellen vorkommendes Erbgutmolekül, diente dabei als eine Art genetischer Barcode für die verschiedenen Arten. (dapd)