Berlin. Deutschland verklagt die EU-Kommission, um eine neue EU-Richtlinie für Schadstoffe in Spielzeug zu stoppen. Die Richtlinie würde vorsehen, dass die Grenzwerte für Schwermetalle in Kinderspielzeug erhöht werden dürften. Verbraucherministerin Ilse Aigner ist sauer - und findet den EU-Vorstoß “absurd“.

Die Bundesregierung wehrt sich mit einer Klage gegen Pläne der Europäischen Union, höhere Schadstoffmengen in Spielzeug zu erlauben. Die strengeren deutschen Grenzwerte dürften keinesfalls aufgeweicht werden, sagten Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) am Freitag in Berlin. "Wenn es um die Sicherheit der Kinder geht, darf es keine Kompromisse geben", betonte Aigner. "Es wäre absurd, wenn die neue EU-Richtlinie dazu führen würde, dass Kinder mehr Schadstoffen ausgesetzt sind als bisher."

Im Mittelpunkt des Streits steht die Belastung von Spielzeug vor allem mit Blei, Quecksilber und Arsen. Hier will die Kommission die zulässigen Grenzwerte teilweise anheben. Die Bundesregierung pocht aber auf die Gültigkeit der strengeren deutschen Grenzwerte - und will dies per Klage festklopfen. Denn einen Antrag Deutschlands, seine Grenzwerte beibehalten zu können, hatte die Brüsseler Behörde in Teilen abgelehnt.

Rösler sagte der Kommission den Kampf an. Die Gesundheit der Kinder sei das höchste Gut. "Schadstoffe im Spielzeug sind oft heimtückisch. Hier muss es bei unseren strengen Vorschriften bleiben. Es ist nicht akzeptabel, wenn diese aufgeweicht werden", sagte der FDP-Chef.

Der erste Teil der EU-Spielzeugrichtlinie ist bereits seit Mitte 2011 in Kraft. Er betrifft vor allem die technische Sicherheit, etwa die Mechanik oder elektrische Eigenschaften. Ab dem 20. Juli 2013 wäre auch der zweite, chemische Teil der neuen Richtlinie anzuwenden, gegen den Deutschland nun klagt. Die Klageschrift soll Anfang nächster Woche überstellt werden, wie die "Rheinische Post" (Freitagausgabe) berichtete.

"Irrweg der EU-Kommission"

Ein Kommissionssprecher in Brüssel räumte ein, dass Deutschland in der Tat um Anpassungen gebeten habe. Bei einigen Chemikalien werde die Bundesrepublik an ihren strengeren Grenzwerten festhalten dürfen, bei anderen nicht. Ziel seien aber "höchstmögliche Sicherheitsstandards".

Die Sprecherin für Verbraucherschutz der Grünen, Nicole Maisch, kritisierte die Bundesregierung. Die Klage komme sehr spät. Die Regierung gehe "seit dreieinhalb Jahren halbherzig gegen den Irrweg der EU-Kommission vor", sagte sie. Sie verlangte, dass Aigner auch gegen Weichmacher, Duftstoffe und hormonell wirksame Stoffe vorgehen solle. (dapd/afp)