Chicago. Antibiotika helfen kaum gegen eine akute Erkältung mit Entzündung der Nasennebenhöhlen. Eine Studie belegt: Das Antibiotikum Amoxicillin lindert die Symptome nicht stärker als ein Placebo. Trotzdem verschreiben viele Ärzte bei Erkältungen Antibiotika.

Antibiotika helfen kaum gegen eine akute Erkältung mit Entzündung der Nasennebenhöhlen - auch dann nicht, wenn diese von Bakterien verursacht wird. Zwar greifen viele Ärzte gegen die sogenannte Rhinosinusitis zum Rezept, die Einnahme des Antibiotikums Amoxicillin lindert die Symptome aber nicht stärker als ein Placebo. Das belegt eine Studie US-amerikanischer Forscher.

Weder am dritten Tag noch am zehnten Tag der Behandlung habe es statistisch signifikante Unterschiede im Befinden der Patienten gegeben, berichten sie im Fachmagazin "Journal of the American Medical Association". "Damit gibt es nun zahlreiche Belege aus Studien, dass Patienten mit akuter Rhinosinusitis wenig bis gar keinen Vorteil von einer Antibiotikabehandlung haben", schreiben Jane Garbutt und ihre Kollegen von der Washington University in St. Louis. Dennoch werde die antibiotische Therapie bei einer Erkältung weiterhin von vielen Patienten erwartet und von vielen Ärzten verschrieben.

Antibiotika werden zu häufig verschrieben

Das ist auch in Deutschland der Fall: Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) suchen alljährlich 12,2 Millionen Menschen in Deutschland wegen einer Rhinosinusitis einen Arzt auf. In 70 bis 90 Prozent der Fälle würden dabei Antibiotika verschrieben - obwohl Antibiotika laut den offiziellen Leitlinien nur bei schweren Verläufen verabreicht werden sollen. Angesichts der Bedrohung der öffentlichen Gesundheit durch Antibiotikaresistenzen sei dies eine bedenkliche Tatsache, meinen Garbut und Kollegen.

Ein zu häufiger und unsachgemäßer Einsatz von Antibiotika gilt als eine der Hauptursachen für die Bildung resistenter Keime. Diese sind gegen gängige Antibiotika immun und können so nicht mehr mit den herkömmlichen Mitteln bekämpft werden. Nach Ansicht der Wissenschaftler ist es sinnvoll, zunächst die Entwicklung einer Erkältung abzuwarten, bevor man ein Antibiotikum verschreibt. Das werde so auch schon von Gesundheitsbehörden empfohlen. Erst wenn dann nach längerer Zeit keine Besserung eintrete, könne eine Behandlung mit Antibiotika unter Umständen hilfreich sein.

Medikament wirkt nicht besser als Placebo

Eine Gruppe erhielt zehn Tage lang drei Mal täglich 500 Milligramm des Antibiotikums Amoxicillin, die andere eine ähnlich aussehende, wirkstofflose Tablette - ein Placebo. Keiner der Patienten wusste, welcher Gruppe er angehörte. Alle Patienten durften nach Belieben symptomlindernde Mittel nutzen, beispielsweise Nasentropfen oder fiebersenkende Medikamente. Nach drei Tagen wurde der Zustand aller Patienten untersucht, zudem befragten die Forscher am dritten, siebten und zehnten Tag der Behandlung die Patienten nach ihren Symptomen und den beobachteten Besserungen. Weder am Anfang noch am Ende der Behandlung habe man Unterschiede im Befinden der beiden Patientengruppen festgestellt, berichten die Forscher.

Auch in punkto Fehltagen von der Arbeit, Dauer der Krankheit oder Rückfallquote hätten beide Gruppen nahezu gleich abgeschnitten. Nur am siebten Tag differierten die Ergebnisse leicht: 74 Prozent der mit Antibiotika behandelten Patienten berichteten von einer leichten Besserung der Symptome. In der Placebogruppe waren es 56 Prozent. (dapd)