Washington. Forscher aus San Francisco haben erstmals Antikörper gegen Diabetes entwickelt. Erste Tests mit zuckerkranken Mäusen verliefen vielversprechend. Versuche, die Ergebnisse auf Menschen zu übertragen, schlugen jedoch fehl. Dennoch bleiben die Wissenschaftler zuversichtlich.

Forscher haben erstmals Antikörper entwickelt, die gegen Diabetes wirken. Die Eiweißstoffe senkten in Versuchen mit zuckerkranken Mäusen deren Blutzuckerspiegel und auch das Körpergewicht der Tiere. Bereits eine einzige Injektion habe ausgereicht, um die Zuckerwerte der Mäuse auf annähernd normales Niveau zu bringen. Dieser Effekt habe fast einen Monat angehalten und keine schädlichen Nebenwirkungen verursacht, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin "Science Translational Medicine".

Die blutzuckersenkende Wirkung habe man bei den Mäusen selbst dann noch beobachtet, wenn ihr Blut keine nachweisbaren Antikörper mehr enthielt, berichten Ai-Luen Wu und ihre Kollegen vom Biotechnologie-Unternehmen Genentech in San Francisco. Dieses Ergebnis schätzen auch Forscher der Harvard Medical School in Boston als vielversprechend ein. Es deute darauf hin, dass der Antikörper R1Mab1 nachhaltige Veränderungen im Stoffwechsel auslöse, erläutern Siegfried Ussar und seine Kollegen in einem begleitenden Kommentar.

Sowohl bei Mäusen mit Diabetes als auch bei gesunden Mäusen beobachteten die Forscher auch eine Gewichtsabnahme nach Gabe der Antikörperlösung. Die Tiere fraßen weniger, verbrannten aber auch mehr Fett, wie sich an ihrem Sauerstoffverbrauch zeigte. Wie die Wissenschaftler berichten, lagern sich die neu entwickelten Antikörper an speziellen Bindungsstellen in der Bauchspeicheldrüse und im Fettgewebe an. Dadurch aktivieren sie das Protein FGF21, einen Botenstoff, von dem bekannt ist, dass er den Fettstoffwechsel und die Verarbeitung von Kohlenhydraten - und damit auch von Zucker - anregt.

Leben mit Diabetes

Diabetes wird meist durch Zufall entdeckt und ist dann für Betroffene oft ein Schock. (Foto: imago)
Diabetes wird meist durch Zufall entdeckt und ist dann für Betroffene oft ein Schock. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Wenn man einiges beachtet, kann man auch mit einer Diabeteserkrankung ein normales Leben führen. (Foto: imago)
Wenn man einiges beachtet, kann man auch mit einer Diabeteserkrankung ein normales Leben führen. (Foto: imago) © imago
Ein wichtiger Ansprechpartner ist der Arzt. Betroffene sollten ihm alle Fragen stellen, die sie beschäftigen. (Foto: imago)
Ein wichtiger Ansprechpartner ist der Arzt. Betroffene sollten ihm alle Fragen stellen, die sie beschäftigen. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Auch Diabetiker dürfen Sport treiben, denn Bewegung hält den Körper gesund. (Foto: imago)
Auch Diabetiker dürfen Sport treiben, denn Bewegung hält den Körper gesund. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Diabetiker müssen nicht, wie oft behauptet, nach einer strengen Diät leben. Sie sollten jedoch Fett meiden und bewusst auf ihre Ernährung achten. (Foto: imago)
Diabetiker müssen nicht, wie oft behauptet, nach einer strengen Diät leben. Sie sollten jedoch Fett meiden und bewusst auf ihre Ernährung achten. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Allgemein ist gegen ein Glas Wein oder Bier ab und zu nichts einzuwenden, doch Diabetiker sollten auf die Menge achten. Bei zu viel Alkohol droht Unterzuckerung. (Foto: imago)
Allgemein ist gegen ein Glas Wein oder Bier ab und zu nichts einzuwenden, doch Diabetiker sollten auf die Menge achten. Bei zu viel Alkohol droht Unterzuckerung. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Schwangere Diabetikerinnen müssen besonders auf ihre Blutzuckerwerte achten. (Foto: imago)
Schwangere Diabetikerinnen müssen besonders auf ihre Blutzuckerwerte achten. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Zwar ist das Risiko eine Herz-Kreislauferkrankung oder einen Schlaganfall zu bekommen bei Diabetikern erhöht, doch ist eine Folgeerkrankung keine unausweichliche Konsequenz. (Foto: imago)
Zwar ist das Risiko eine Herz-Kreislauferkrankung oder einen Schlaganfall zu bekommen bei Diabetikern erhöht, doch ist eine Folgeerkrankung keine unausweichliche Konsequenz. (Foto: imago) © imago
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Bisherige Versuche, aus diesem Botenstoff ein beim Menschen wirksames Anti-Diabetesmittel zu erzeugen, seien jedoch fehlgeschlagen, sagen die Forscher. Noch ist die Wirkung der R1Mab1-Antikörper nur an Mäusen und in Zellkulturen getestet. Doch die Wissenschaftler sind zuversichtlich, dass aus diesen oder ähnlichen Antikörpern zukünftig auch ein Mittel für die Behandlung von Menschen entwickelt werden könnte. Das Biotechnologie-Unternehmen Genentech hat bereits ein Patent für diese Ansätze angemeldet.

Gute Chancen durch gezielte Wirkung

In ihrem in der gleichen Ausgabe des Fachmagazins erschienenen Kommentar sehen auch die Forscher der Harvard Medical School in Boston eine gute Chance darin, Antikörper gegen Diabetes Typ 2 und andere Stoffwechselkrankheiten einzusetzen. Antikörper seien in der Regel sehr spezifisch und lagerten sich nur an ganz bestimmte Zielstrukturen an. Dadurch seien sie weniger giftig und hätten weniger Nebenwirkungen als andere Wirkstoffarten. Zudem ließen sich Antikörper einfach im Labor herstellen. "Mehr als 30 verschiedene monoklonale Antikörper werden heute schon gegen Krebs, Autoimmunerkrankungen und Infektionen eingesetzt", schreiben Ussar und seine Kollegen. Sie seien daher auch gegen Diabetes Typ 2 sehr attraktive Kandidaten.

Zellen reagieren nicht mehr auf Insulin

Bei Diabetes Typ 2 baut der Körper Blutzucker nicht ausreichend ab, obwohl meist genügend Insulin im Umlauf ist. Der Grund: Die Zellen, die normalerweise auf das Insulin reagieren, sind resistent, sie sprechen nicht mehr auf den Botenstoff an. Forschungen zeigen, dass sogenannte FGF-Proteine den Effekt dieser Resistenzen überwinden können. Dass auch Antikörper diese Wirkung haben können, habe man nun in den Versuchen an Mäusen und in Zellkulturen erstmals belegt, sagen Wu und ihre Kollegen. (dapd)