Essen. . Der neue Gerinnungshemmer Pradaxa vom Pharmakonzern Boehringer Ingelheim wird weltweit mit rund 50 Todesfällen in Verbindung gebracht. Patienten, die das Mittel nahmen, waren an inneren Blutungen gestorben. Der Hersteller hat ergänzende Informationen zur Anwendung des Mittels an Ärzte und Apotheker verschickt.

In einem bundesweiten Anschreiben an Ärzte und Apotheker weist der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim auf gesundheitliche Risiken seines Medikaments Pradaxa für bestimmte Patientengruppen hin. Hintergrund: In Deutschland werden Todesfälle mit dem Mittel in Verbindung gebracht. Weltweit sollen rund 50 Menschen nach der Therapie mit dem Gerinnungshemmer – der Schlaganfällen vorbeugen soll – an inneren Blutungen gestorben sein.

„Ob die Todesfälle mit Pradaxa zusammenhängen, ist noch nicht abschließend geklärt“, betonte Firmensprecher Reinhard Malin auf Anfrage unserer Zeitung. Es gebe keine Notwendigkeit, das Präparat vom Markt zu nehmen.

Die von Deutschlands zweitgrößtem Pharmaunternehmen jetzt europaweit verschickten ergänzenden Informationen zur Anwendung von Pradaxa wurden in Deutschland mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) abgestimmt. Dieses ist für die Zulassung von Medikamenten und die Abwehr von Arzneimittel-Risiken zuständig.

Pradaxa beinhaltet den Wirkstoff Dabigatranetexilat. Eingesetzt wird es zur Vorbeugung von Schlaganfällen bei Menschen mit einem Vorhofflimmern, einer Herzrhythmusstörung, die das Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln und damit von Schlaganfällen erhöht.

Europaweit wurde Pradaxa schon am 18. März 2008 zugelassen, zunächst als Mittel, das Thrombosen nach einer Hüft- oder Kniegelenksersatz-Operation vorbeugen soll. Seit dem 4. August 2011 ist der Gerinnungshemmer EU-weit zur Vorbeugung von Schlaganfällen und Embolien bei Menschen mit Vorhofflimmern zugelassen. Boehringer Ingelheim empfiehlt Ärzten vor Behandlungsbeginn unbedingt, die Nierenfunktion des Patienten zu prüfen – durch die Ermittlung des Wertes Kreatinin-Clearance. Denn bei einer beeinträchtigten Nierenfunktion könne es zu lebensbedrohlichen inneren Blutungen kommen, etwa im Magen-Darm-Trakt, aber auch im Gehirn.

Schlaganfall-Prävention ist ein großer Markt

Menschen mit einer stark eingeschränkten Nierenfunktion sollten grundsätzlich nicht mit Pradaxa behandelt werden. Bei Patienten über 75 Jahren oder welchen mit einer bekannten Einschränkung der Nierenfunktion, sollte die Nierenfunktion mindestens einmal jährlich überprüft werden, so der Hersteller.

Konzernsprecher Malin: „Grundsätzlich ist bei allen blutgerinnungshemmenden Mitteln – auch Pradaxa – Vorsicht geboten, da sie das Risiko von inneren Blutungen erhöhen können. Dieses Risiko steigt mit zunehmendem Alter, oder wenn mehrere Risikofaktoren für das Auftreten von Blutungen bei einem Menschen zusammenkommen – etwa eine eingeschränkte Nierenfunktion, frühere Blutungen oder eine Begleitbehandlung mit Acetylsalicylsäure.“

Das japanische Gesundheitsministerium hatte bereits im August vor Komplikationen mit Pradaxa gewarnt. Bei 81 Patienten seien schwere Blutungen aufgetreten, einige Menschen seien gestorben, heißt es. Viele der verstorbenen Patienten in Japan seien ältere Menschen gewesen, deren Nierenfunktion schwer eingeschränkt gewesen sei. „Sie hätten das Mittel nicht erhalten dürfen“, sagte Malin.

Für die Pharmaindustrie ist die Schlaganfall-Prävention ein großer Markt. Derzeit haben mehrere Unternehmen neue Wirkstoffe „in der Pipeline“ – darunter Bayer.