Hamburg. Eine Studie bringt es ans Licht: In der Hähnchenmast werden mehr Antibiotika angewendet als bislang angenommen. Dass die Mittel nur wenige Tage lang verabreicht werden, legt laut Studie nahe, dass sie als Wachstumsdoping genutzt werden.

In der Hähnchenmast werden nach einer bundesweiten Studie des nordrhein-westfälischen Verbraucherschutzministeriums deutlich mehr Antibiotika eingesetzt als bislang angenommen. Danach sind in 83 Prozent der untersuchten Mastdurchgänge antimikrobiell wirksame Mittel verabreicht worden, heißt es in der Erhebung, wie der Hörfunksender NDR Info am Freitag berichtete. Mäster hätten bis zu acht verschiedene Antibiotika ins Futter gemischt.

Die Überwachungsbehörden hatten die Daten von 962 Hähnchenmastdurchgängen aus 182 Betrieben im ersten Halbjahr 2011 ausgewertet.

Antiobiotika als Wachstumsdoping

Ein Masthähnchen lebt bis zur Schlachtung in der konventionellen Haltung etwa 35 Tage. In dieser Zeit verabreichten Mäster zum Teil bis zu acht verschiedene Antibiotika, in 53 Prozent der untersuchten Fälle je nur ein bis zwei Tage lang. Diese sehr kurze Verabreichung von Antibiotika ist in dieser Form nicht zugelassen. Solche Medikamente müssen in aller Regel jeweils fünf bis sechs Tage verabreicht werden, um gefährliche Resistenzen zu vermeiden.

Das Ergebnis legt laut Studie die Vermutung nahe, dass Antibiotika weiterhin als Wachstumsdoping zum Einsatz kommen. Seit 2006 ist der wachstumsfördernde Einsatz von Antibiotika in der gesamten EU verboten. Ein Tierarzt darf Medikamente nur noch verschreiben, wenn die Tiere krank sind. Nach Informationen von NDR Info wirft die Behörde zudem die Frage auf, ob eine Schlachterlaubnis für Tiere erteilt werden darf, bei denen zum Zeitpunkt der Schlachtung noch ein Antibiotika-Rückstand nachgewiesen wird.

Mast auch ohne Antibiotika möglich

In 17 Prozent der ausgewerteten Mastdurchgänge kamen die Mäster ohne Antibiotika aus. Das zeigt laut Studie, dass die Antibiotika-freie Mast nicht nur im Einzelfall möglich ist. Einen verringerten Antibiotika-Einsatz konnte die Behörde bei kleinen Betrieben mit weniger als 20.000 Tieren feststellen. Dort war die Mastdauer in der Regel mit insgesamt 45 Tagen bis zur Schlachtung länger.

Nordrhein-Westfalens Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Die Grünen) hatte die Erhebung in Auftrag gegeben, um belastbare Zahlen zum Antibiotika-Einsatz bei der Geflügelmast zu bekommen. Seit diesem Jahr wird in einer bundesweiten Datei (DIMDI) zwar erfasst, in welche Postleitzahlenregion wie viele Medikamente geliefert werden. Davon ausgenommen ist allerdings die Geflügelbranche. Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums sind datenschutzrechtliche Bedenken der Grund dafür. Tierärzte, Politiker der Grünen sowie Datenschützer kritisieren diese Ausnahme scharf und fordern eine Änderung der Verordnung. (dapd)