Straßburg. . Das EU-Parlament schreibt der Industrie strengere Regeln zur Lebensmittelkennzeichnung vor. Analogkäse und Klebefleisch müssen künftig ausgewiesen werden. Verbraucherschützern gehen die Regeln nicht weit genug.

Als leichte Kost getarnte Zuckerbomben, als Schinken getarntes Klebefleisch, als Käse getarnte Pflanzenfettpampe: All das wird es auch weiter in der EU geben. Aber künftig werden die Verbraucher genau wissen, was sie sich in den Einkaufswagen legen. Nach dreijährigen Verhandlungen mit Industrie und Regierungen machte das EU-Parlament am Mittwoch den Weg für eine bessere Lebensmittelkennzeichnung frei.

Wichtigste Neuerung: Auf jeder Verpackungsrückseite wird bald ein Nährwertkasten zu finden sein, mit Angaben über die Anteile an Kalorien, Zucker, Fett, Salz, Eiweiß und Kohlenhydraten pro 100 Gramm. Angaben pro Portion sind freiwillig. Damit lässt sich immerhin auf den zweiten Blick feststellen, was in einer Milchschnitte oder einer Tiefkühlpizza steckt.

Darüber hinaus muss nun neben Rindfleisch auch bei Schweine- und Lammfleisch sowie Fisch und Geflügel das Herkunftsland angegeben werden. Zudem werden Angaben über sogenannte Lebensmittel-Imitate zur Pflicht: Bei Analogkäse aus Pflanzenfett muss der wahre Inhalt neben dem Markennamen auf der Vorderseite erscheinen. Und bei Klebefleisch, das mit Enzymen „verleimt“ wird, findet sich der Hinweis: „Aus Fleischstücken zusammengefügt“.

Keine Chance für die Ampel

Um kaum eine EU-Verordnung wurde so lange und so heftig gestritten. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner lobte am Mittwoch, die neuen Kennzeichnungsvorschriften sorgten für mehr Transparenz und seien „ein wichtiger Schritt zum Schutz vor Täuschung“. Parlamentsberichterstatterin Renate Sommer (CDU) sprach von einem „ausgewogenen Kompromiss“, der auch die Interessen der Lebensmittelwirtschaft respektiere. Diese hatte sich massiv gegen eine plastischere Kennzeichnung gewehrt, und für den Kampf nach Angaben von Verbraucherschützern mehr als eine Milliarde Euro ausgegeben.

Für Pflichtangaben gilt in Zukunft eine Mindestschriftgröße von 1,2 mm. Der Verbraucherverband Foodwatch hält das für zu klein. Die Grünen-Abgeordnete Rebecca Harms bedauerte am Mittwoch, dass die dreifarbige Ampel-Kennzeichnung schon vor einem Jahr gescheitert war. Auch Foodwatch gehen die neuen Regeln nicht weit genug. Anhand einer grünen, gelben oder roten Kennzeichnung „wären Fett- und Zuckerbomben im Supermarkt selbst für Kinder auf einen Blick zu erkennen gewesen“, erklärte die Organisation.

Lebensmittelwirtschaft begrüßt Entscheidung

Aufatmen dagegen bei den Liberalen. „Der Kompromiss ist gut. Wir versuchen zum Glück nicht mehr, die Menschen zu erziehen“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP, Holger Krahmer. Auch die Lebensmittelwirtschaft begrüßte die Entscheidung. In Kraft treten sollen die neuen Regeln spätestens im Herbst 2014, die Nährwertkästen noch ein Jahr später. (hrz/dapd)