Halle. . Um dem Nachwuchsmangel auf dem Land entgegenzusteuern, schickt die MLU Halle ihre Studenten im Zuge ihrer Ausbildung in die Landarztpraxis. An der Seite eines Lehrarztes sollen sie die praktische Arbeit eines Allgemeinmediziners kennenlernen.
Das Logo des Mentoring-Projekts zeigt ein Känguru mit Nachwuchs im Beutel, das ins Land hinaus springt. Für 20 Studienanfänger der medizinischen Fakultät in Halle soll dieses Bild ab Herbst zum Symbol ihrer Ausbildung als Allgemeinmediziner werden. Ziel der Studenten, die im ersten Semester, die erste "Klasse Allgemeinmedizin" bilden werden, ist eine Landarztpraxis. Mit dem Projekt soll dem Nachwuchsmangel auf dem Land begegnet werden. Nach Schätzungen der Landesärztekammer werden in den kommenden Jahren rund 150 Hausärzte in den Ruhestand gehen. Gerade in ländlichen Gebieten gibt es schon heute ein Mangel an Ärzten, die Praxen von älteren Kollegen übernehmen könnten.
Studenten werden Lehrarzt zugeordnet
Das Konzept des Projektes klingt einfach: Von Beginn an sollen die Studenten die Arbeit als Hausarzt auf dem Land kennenlernen. Sie werden dazu einem Lehrarzt zugeordnet, sagt Andreas Klement, Leiter der Sektion Allgemeinmedizin an der Universität Halle und Initiator des Projekts. "Dabei setzen wir auf die menschliche Karte." Die Lehrärzte, niedergelassene Allgemeinmediziner in ländlichen Gebieten, sollen als berufliches Vorbild dienen.
Mitarbeit in der Praxis
Zwei Tage im Semester sollen die Studenten bei ihrem Lehrarzt in der Praxis mitarbeiten, sagt Thomas Steger, der ab Herbst als einer der drei Klassenlehrer der "Klasse Allgemeinmedizin" die Studenten betreuen soll. Zusätzlich wird jedes Semester ein Seminar zum Thema "Praxisfertigkeiten" angeboten. "Dabei werden die Studenten lernen, wie eine Praxis organisiert wird, wie man Rezepte und Überweisungen schreibt und die gängigsten Untersuchungen durchführt", sagt Steger. Ein weiteres Seminar werde sich mit der Patientenkommunikation befassen, eine Fertigkeit, die in der Medizinerausbildung noch eine größere Rolle einnehmen könnte. Steger arbeitet als Dozent an der Uni Halle, ist aber auch selbst als Allgemeinmediziner in einer Hausarztpraxis in Leipzig niedergelassen. Es sei eine schöne Aufgabe, Patienten über lange Zeiträume hinweg zu begleiten und immer wieder faszinierend, wenn es gelinge, die Gründe eines Leidens gemeinsam mit dem Patienten zu ergründen. "Ich schätze die Vielseitigkeit meiner Tätigkeit. Von der Behandlung von Diabetes mit Medikamenten bis hin zu Gesprächen mit Patienten, die an einer Depression leiden, habe ich ein großes Behandlungsspektrum", sagt Steger. Wegen der Breite des Fachgebiets entschieden sich viele Studenten nicht für die Allgemeinmedizin, sagt der angehende Klassenlehrer. Zudem sei der Hausarzt unter Medizinern zuweilen nicht gut angesehen, gelte als derjenige, der die Patienten überweisen müsse, damit andere Fachärzte sie heilten.
Studienanfänger aus ländlichen Gebieten gefragt
Um die Studenten nicht nur für die Tätigkeit als Hausarzt zu gewinnen, sondern auch für eine Niederlassung in ländlichen Gebieten, werde sich die "Klasse Allgemeinmedizin" vor allem an Studienanfänger richten, die selbst aus ländlichen Regionen stammen. Das müsse nicht das abgelegendste Dorf im Harz sein, sagt Steger. Auch Kleinstädte seien unterversorgt. Dort sei die Infrastruktur meist schwächer ausgeprägt, für die Lebenspartner der Ärzte sei es schwerer, einen Job zu finden. Die Hoffnung sei deshalb, Studienanfänger zu begeistern, die das Leben außerhalb der Zentren kennen und nach dem Studium dorthin zurückkehren möchten. Bis zum Herbst sind die Mitarbeiter an Klements Lehrstuhl weiter damit beschäftigt, Lehrärzte für das Projekt zu finden. Jeweils fünf Jahre sollen sie "ihre Studenten" begleiten. Wichtig sei, dass die Lehrärzte ihre Vorbildrolle gern ausfüllen, und nicht etwa eine resignierte Haltung vermitteln, sagt Steger. Damit die jungen Mediziner nach ihrem Studium gern hinaus aufs Land gehen. (dapd)