Berlin. .
Die zunehmende Zahl von pflegebedürftigen Migranten stellt Pflegeeinrichtungen vor große Herausforderungen. Sprachprobleme und Traditionen machen die Unterbringung meist schwierig. Neue Konzepte sind daher dringend nötig.
Deutschland ist nach Ansicht des Berliner Altersforschers Peter Zeman nicht gut auf Migranten vorbereitet, die hier ihre letzten Lebensjahre verbringen wollen. Lange Zeit sei man davon ausgegangen, dass die Arbeitsmigranten nicht hierblieben, sondern in ihre Heimat zurückzukehrten, so Zeman. Auch die meisten Migranten selbst hätten ursprünglich den Plan gehabt, nach einem Arbeitsaufenthalt in Deutschland in ihren jeweiligen Heimatländern den Ruhestand zu verbringen. Die zunehmende Zahl älterer Migranten stellt Pflegeeinrichtungen und medizinische Dienste vor besondere Herausforderungen. Es gebe inzwischen eine Reihe von Modellprojekten für den Umgang mit älteren Einwanderern, sagte Zeman. Wichtig sei aber auch, das Konzept interkultureller Öffnung in die Regelversorgung einzubinden.
Angehörige sind überfordert
Laut Schätzungen werden 2020 1,98 Millionen Über-60-Jährige mit Migrationshintergrund in der Bundesrepublik leben. 2030 werden es 2,85 Millionen sein. „Da rollt schon eine Welle auf uns zu“, sagte der Wissenschaftler. Viele Migranten blieben hier wegen der Qualität der gesundheitlichen Versorgung und weil ihre Familie inzwischen in Deutschland lebe. Gerade bei Türken sei der Wunsch stark verankert, in der Familie gepflegt zu werden. Aber die Familienangehörigen seien damit oft überfordert, „das ist nicht viel anders als bei Deutschen auch“.
Neues Pflegekonzept für Migranten
Es gebe, was die Pflege und Versorgung Älterer betreffe, inzwischen das Konzept der interkulturellen Öffnung, sagte Zeman. Interkulturelle Kompetenz bestehe darin, Gruppen nicht automatisch kulturelle Eigenarten zuzuschreiben, sondern zu erkennen, wann Unterschiede kulturell bedingt seien oder zum Beispiel sozial beziehungsweise individuell. Zahlreiche Einrichtungen, Pflegedienste oder Ähnliches arbeiteten nach dem Prinzip. Hilfreich sei es auch, wenn jüngere Mitglieder einer Migrantengruppe an der Versorgung Älterer beteiligt werden. Darüber hinaus sollten bestehende Netzwerke wie Familien, die Nachbarschaft, das kulturelle Umfeld genutzt und in die Versorgung eingebunden werden.
Sprachprobleme und unterschiedliche Traditionen, zum Beispiel andere Essgewohnheiten, machen beispielsweise die Unterbringung pflegebedürftiger Migranten in stationären Einrichtungen schwierig. Hinzu kommt ein oft anderes Verständnis von Krankheit und Gesundheit. Vor allem in größeren Städten mit einem höheren Ausländeranteil gibt es Projekte zur Versorgung und Betreuung älterer Migranten, auch haben sich schon Pflegedienste auf einzelne Gruppen spezialisiert. Wie groß der Versorgungs- und Pflegebedarf bei älteren Migranten tatsächlich sein wird, ist bisher allerdings nur schwer absehbar. (dapd)