Essen. In den Krankenhäusern von NRW wird immer häufiger per Kaiserschnitt entbunden. Die Landesregierung glaubt: Ärzte wollen so zunehmend das Risiko einer natürlichen Geburt umgehen, weil ihnen dabei in Fällen von Fehlern sehr schnell Schadenersatz-Prozesse drohen.

Die Zahl der Kaiserschnitt-Babys erreicht gerade in Nordrhein-Westfalen Rekordhöhe. Inzwischen erfolgen 35 Prozent der Geburten durch einen operativen Eingriff – deutlich mehr als im Bundesdurchschnitt. 2004 waren es erst 42 613 Kinder, die im Operationssaal zur Welt kamen, 2007 bei insgesamt sinkenden Geburtenzahlen schon 46 415.

„Das Haftungsrecht spielt eine nicht unwesentliche Rolle”, räumt das Gesundheitsministerium jetzt in der Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der Grünen ein. „Es existieren zahlreiche Urteile wegen nicht oder zu spät durchgeführter Kaiserschnitte. Der steigende Druck auf Geburtshelferinnen und -helfer lässt sich auch an den in den letzten Jahren gestiegenen Haftpflichtprämien ablesen”.

Finanzielle Ursachen

Auch organisatorische Gründe, zum Beispiel eine besser handhabbare Klinikorganisation und planbare Personalbesetzungen, seien für den Trend hin zum Kaiserschnitt verantwortlich, glaubt die NRW-Regierung.

Experten stützen die Einschätzung, dass die Zunahme der Kaiserschnitte oft finanzielle und organisatorische Ursachen hat. „Ein Kaiserschnitt lohnt sich für jedes Haus”, er sei schnell erledigt, werde besser vergütet und erspare Regressansprüche und teures Personal am Wochenende, sagt Edith Wolber vom Deutschen Hebammenverband. Oft sind es Ratschläge der Ärzte an die Frauen, die zu einem Kaiserschnitt führen, hat die Gmünder Ersatzkasse ermittelt. Auch Frauen selbst seien „weniger denn je bereit, Risiken für ihr Kind einzugehen”, sagt der Chef der Frauenklinik am Dortmunder Klinikum, Prof. Thomas Schwenzer. In dieser Klinik, die viele Risikoschwangere betreut, liegt der Anteil der Kaiserschnitte bei 51 Prozent.