Essen. . Im Winter gibt es keine Pollenallergie? Irrtum. Der milde Winter sorgt dafür, dass Allergikern bereits die Nase juckt. Doch das kann ganz gut sein.

Aprilwetter im Dezember, frühlingshafte Temperaturen an einigen Tagen im Januar: Die Phase, in der Pollenallergiker zur Ruhe kommen können, wird immer kürzer. Der milde Winter lässt so manche Pflanzen verfrüht auf "Fortpflanzung" umschalten, Wochen vor dem 'eigentlichen' Pollenstart. Experten sehen darin aber mit Blick auf Allergiker nicht nur Schlechtes.

Erste Daten zeigen, dass die "Frühblüher" Haselnuss und Erle vereinzelt bereits Mitte Dezember in Blüte standen; so zum Beispiel in der Rhön, im Raum Freiburg und auch in Teilnen Niedersachsens. Eine "geringe" Pollenkonzentration wird aktuell an der Mosel, in Teilen der Pfalz und in einigen Regionen in Baden-Württemberg gemessen, zeigt die Übersicht des Deutschen Wetterdienstes. An Rhein und Ruhr und am Niederrhein sei die Pollen-Konzentration zwar schön spürbar, aber noch sehr gering.

"Allergie-Irrtum" im Winter

Gleichwohl kann das bereits manchen Pollenallergikern zu schaffen machen, heißt es beim Allergie- und Asthmabund. Dort warnt man vor dem "Allergie-Irrtum", dass es im Winter keine Pollenallergie gebe. Gleichwohl kann der frühe Pollenflugbeginn für Allergiker auch positiv sein, meint Matthias Werchan, Pollenanalyst bei der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst in Berlin: "Die Belastung entzerrt sich". In einer kurzen Blühphase steigt die Pollenbelastung sprunghaft an und ist sehr hoch - typisch etwa bei Birken, deren Pollen-"Fenster" etwa nur sechs Wochen dauere. Bei Frühblühern wie jetzt verteile sich die Pollenphase hingegen über drei Monate und entwickle sich in den Spitzen weniger extrem, zumal die Pflanzen nicht unendlich Pollen absondern. Auffallend: 2013 und 2014 war die Pollenkonzenration laut Statistik ungewöhnlicherweise fast gleich hoch. In den Jahren seit 2000 ergab sich ein Zickzackmuster aus sehr hoher und vergleichweiser geringer Pollenkonzentration.

Beim Deutschen Allergie- und Asthmabund weist man darauf hin, dass die Toleranzgrenzen bei Pollen letztlich bei jedem Allergiker anders sein können. Es gebe bestimmte "Triggerfaktoren", die Körperreaktionen verstärkten. Joggen oder Stress etwa kann sich negativ auswirken, wenn Pollen fliegen. Und mancher Allergiker mag nach dem Winter bereits auf kleinste Konzentrationen unverhältnismäßig stark reagieren.

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Die Pollenvorhersage ist bereits wieder aktiviert

Fest jedoch steht, dass Pflanzen immer früher blühen, so ist es seit mehreren Jahren zu beobachten. Eine Folge der Klimaveränderung. Statistisch verschiebt sich der Anfang der Blühphase bei den sogenannten Frühblühern Haselnuss und Erle um 0,3 Tage pro Jahr. Der Deutsche Wetterdienst hat bereits reagiert: Seit wenigen Tagen ist dort die "Pollenvorhersage" aktiviert, weil manchen Pollenallergikern bereits die Nase läuft oder die Augen jucken. Längst kennt man in der Medizin den "Weihnachtsheuschnupfen". Und die Zeit, in der Pollenallergiker in punkto Pollenflug zur Ruhe kommen können, wird immer kürzer.

Hier geht's zur Pollenflugvorhersage

Durch die Ausbreitung der Ambrosia-Pflanze in Deutschland, zieht sich die Pollenbelastung mittlerweile bis hin zur ersten Frostphase, erklärt Matthias Werchan. In Nordamerika, wo die Ambrosia heimisch ist, gilt sie "als Allergen schlechthin", sagt Matthias Werchan. Hierzulande reagieren laut Schätzung des Allergie- und Asthmabunds derzeit zwischen vier und zehn Prozent der Allergiker auf Ambrosiapollen. Zum Vergleich: Zwischen zwölf und 20 Millionen Menschen in Deutschland haben körperliche Probleme durch Pflanzenpollen. Die Hälfte davon reagiert auf Gräserpollen, etwa ein Drittel auf Baumpollen.

Wer bereits jetzt auf Pollen reagiert, sollte sich mit den bekannten Anti-Allergiemitteln wappnen um die Belastung zu lindern, empfielt man beim Allergie- und Asthmabund. Es könnte sein, dass Pollen dereinst Allergiker das gesamte Jahr über zu schaffen machen, sagt Pollenanalyst Matthias Werchan. Noch aber sei es nicht so weit, auch "mittelfristig"nicht: "Aber vielleicht in 100 Jahren". (dae/WE)