Düsseldorf. . Weil Säuglinge und Kleinkinder im Land immer öfter kariöse Milchzähne haben, handelt jetzt die NRW-Regierung. Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) führt in Zusammenarbeit mit Zahn- und Kinderärzten einen zahnärztlichen Kinderpass zur Vorsorge ein.

Nur jedes zweite Kind unter fünf Jahren in NRW wird vom Zahnarzt auf Karies untersucht. Die Folge: Säuglinge und Kleinkinder haben immer häufiger kariöse Milchzähne. Bei den bis zu Zweieinhalbjährigen weisen bereits zehn bis 15 Prozent Karies auf. Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) führt deshalb mit Zahn- und Kinderärzten einen zahnärztlichen Kinderpass zur Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen ein.

Der neue Pass ist ab sofort Bestandteil des Kinder-Untersuchungshefts, in dem die verpflichtenden Vorsorgeuntersuchungen U2 bis U9 bis zum fünften Lebensjahr eingetragen werden.

Vor allem Kinder aus sozial- und bildungsschwachen Familien sowie Migrantenkinder werden von ihren Eltern häufig nicht zur Vorsorge beim Zahnarzt angemeldet. Um diese Gruppen besser erreichen zu können, ist der Pass viersprachig in deutsch, türkisch, russisch und englisch.

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Frühkindliche Karies vor allem durch zucker- und säurehaltige Getränke

Nach Angaben von Steffens wird frühkindliche Karies vor allem durch zucker- und säurehaltige Kindergetränke hervorgerufen. Der Vorsitzende der Kassenzahnärztlichen Vereinigung NRW, Ralf Wagner, warnte auch vor extrem sauren Eistee, der die Zähne anätzt.

Aus Sicht der Zahnärzte reicht eine Betreuung der Unter-Dreijährigen durch den Kinderarzt zur Senkung des Karies-Risikos nicht aus. Ziel sei es, bis 2020 rund 80 Prozent der Sechs- bis Siebenjährigen kariesfrei zu haben, sagte Kammerpräsident Klaus Bartling. Derzeit haben bereits zehn Prozent der Ein- bis Zweijährigen, 27 Prozent der Dreijährigen und 53 Prozent der bis zu Sechsjährigen Füllungen. Die betroffenen Zwei- bis Sechsjährigen haben durchschnittlich drei Füllungen.

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Psychosoziale, psychische und körperliche Probleme durch Karies

Die Zahnärztekammern empfehlen eine Untersuchung zwischen sechs und neun Monaten, eine zweite zwischen zehn und 20 Monaten sowie eine dritte Vorsorge ab dem 21.Lebensmonat. Die Zahnärzte warnen vor erheblichen psychosozialen, psychischen und körperlichen Problemen durch kariöse Zähne. Mit der Einführung des zahnärztlichen Kinderpasses ergreift NRW nach Berlin als zweites Bundesland die Initiative. Zwar arbeite die Bundesebene an einheitlichen Lösungen, das dauere aber angesichts der Risiken zu lange, sagte Steffens.

Wagner räumte ein, dass die Zahnärzte die Risikogruppen bisher kaum erreicht hätten. Das werde jetzt besser gelingen, weil das gelbe Kinder-Untersuchungsheft U2 bis U9 in allen Bevölkerungsschichten gut etabliert sei. Nach Angaben von Steffens ist es für 95 Prozent der Eltern inzwischen normal, ihr Kind zu allgemeinen Vorsorgeuntersuchungen anzumelden.