Berlin. Grüne und Linke werfen der Regierung einen Schlingerkurs bei den geplanten Waffenlieferungen für die Kurden im Nordirak vor. Ursprünglich war mit einer Entscheidung an diesem Mittwoch gerechnet worden. Nun will die Regierung erst eine Sondersitzung des Bundestages am kommenden Montag abwarten.

Die Opposition wirft der Regierung einen Schlingerkurs bei den geplanten Waffenlieferungen für die Kurden im Nordirak vor. Grüne und Linke sprechen von Widersprüchen und einem "Dilemma" der Regierung. Neben der Versorgung mit humanitären Gütern und militärischer Ausrüstung bereitet die Regierung auch die kostenlose Lieferung von Handfeuerwaffen und Panzerabwehrraketen an die Kurden im Nordirak vor. Dass Waffen geliefert werden sollen ist klar, die Einzelheiten bislang aber nicht bekannt.

Ursprünglich war mit einer Entscheidung über Art und Umfang der Lieferung an diesem Mittwoch gerechnet worden. Nun erwägt die Regierung eine Entscheidung erst nach einer Sondersitzung des Bundestages am kommenden Montag, dem 1. September. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will eine Regierungserklärung zu dem Thema abgeben, der Bundestag die Waffenlieferungen debattieren. Ein Mitspracherecht hat das Parlament aber nicht, solange keine Soldaten entsendet werden.

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Linke: "Bundestag ist keine Waffenshow"

Linkspartei-Chef Bernd Riexinger sprach sich nun gegen die geplante Sondersitzung aus, sollte die Bundesregierung nicht vorher bekannt geben, was sie konkret vorhat. "Der Bundestag sollte auf der Basis einer entscheidungsfähigen Vorlage der Bundesregierung tagen", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". "Der Bundestag ist schließlich keine Waffenshow." Riexinger hält ein Bundestagsmandat für zwingend notwendig. Die Bundesregierung wolle bewaffnete Soldaten in ein Kriegsgebiet schicken, um dort Kriegswaffen abzuliefern. Der Unterschied zu einem genehmigungspflichtigen Auslandseinsatz sei nur theoretisch. "Die Regierung bewegt sich auf dünnem Eis."

Auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter kritisierte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung", die Bundesregierung entlarve sich als "unschlüssig", wenn sie einerseits den kurdischen Peschmerga-Streitkräften deutsche Waffen liefern wolle, dies aber der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verweigere. "Hier zeigt sich das Dilemma, in dem die Bundesregierung steckt", sagte Hofreiter. Diese habe anfangs mit guten Argumenten Waffenlieferungen abgelehnt. Nun führe sie sich selbst in Verstrickungen.

4000 Helme und 200 Funkgeräte

Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel rechtfertigte die grundsätzliche Entscheidung, Waffen in das Kriegsgebiet. "Ich glaube nicht, dass Waffenlieferungen den Konflikt allein lösen können. Sie sollen nur verhindern, dass noch mehr Menschen umgebracht werden", sagte er dem Sender MDR INFO. Deutschland werde viel humanitäre Hilfe leisten können. "Humanitäre Hilfe geht aber nicht, wenn die Panzer anrollen." Er rechne mit einer intensiven Diskussion im Bundestag. Der SPD-Chef sicherte allen Fraktionen zu, sie fortlaufend über den Entscheidungsprozess zu informieren. "Noch gibt es keine Entscheidung", betonte Gabriel.

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Nach einem Bericht von "Spiegel Online" will die Bundeswehr möglichst schnell eine große Lieferung militärischer Ausrüstung mit Schutzwesten und Schutzhelmen in den Nordirak fliegen. Das berichtete "Spiegel Online" am Montag und beruft sich dabei auf eine Liste aus dem Wehrressort. Danach sollen 4000 Helme und die gleiche Anzahl schusssicherer Westen geliefert werden, dazu 200 Funkgeräte sowie 680 Infrarotnachtsichtgeräte. Außerdem sei geplant, 20 Metallsuchgeräte und 3 Minensonden zu schicken, auch 40 Gerätekisten mit Werkzeug sollen mit an Bord sein.

Das Onlineportal schrieb weiter, die ersten Flugzeuge mit der Ausrüstung könnten noch diese Woche starten. Mit dem Material solle vor allem der Schutz der kurdischen Soldaten beim Kampf gegen die Einheiten der IS-Terrormiliz verbessert werden. Das Verteidigungsministerium bestätigte den Bericht auf Anfrage am Montagabend zunächst nicht. (dpa)