Lüdenscheid. Auf eine „offene und faire Auseinandersetzung” in der Debatte darüber, wie sich die evangelische Kirche gegenüber Homosexuellen verhalten soll, hofft Klaus Majoress. Der Superintendent des Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg bezieht im WR-Interview Stellung zu dem umstrittenen Thema.

In der Diskussion über das sensible Thema Homosexualität und Kirche plädiert Klaus Majoress für eine "offene und faire Auseinandersetzung." Der Superintendent des Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg wirbt für gegenseitigen Respekt. Die Haltung des evangelischen Landespräses Alfred Buß zu Schwulen und Lesben war einigen seiner Pfarrer zu liberal. In einem offenen Brief hielten westfälische Pastöre dagegen. Sie forderten "Therapien" bei homosexuellen Neigungen.

Herr Majoress, der offene Brief der 30 Pfarrer hat eine heftige Diskussion ausgelöst. Tut sie der Kirche gut?

Klaus Majoress: Der Brief war von einigen Pfarrern an den Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen gerichtet mit der Absicht, das Gespräch zu suchen und die Kommunikation zu der Frage des Umgangs mit Homosexualität in unserer Kirche herzustellen. Dass das Thema öffentlich verhandelt wird, tut niemandem gut. Dadurch kommt es zu Positionierungen, je nach biblischem Verständnis, und nicht zu Austausch und Gespräch. Ich bedaure das sehr und hoffe, dass es nach der ersten Aufregungen zu einer offenen und fairen Auseinandersetzung kommt.

Auffällig ist, dass von den Unterzeichnern des Briefes viele aus diesem Kirchenkreis kommen. Sind die Pfarrer hier besonders konservativ?

Majoress: Ob die Pfarrer besonders konservativ in unserer Region sind, vermag ich nicht zu sagen. Sie argumentieren von ihrem biblischen Verständnis her und das sollte, wie gerade gesagt, in gegenseitigem Respekt und in Kommunikation auch mit anderen Meinungen geschehen, auch mit den Betroffenen.

Ist das vielleicht auch eine Generationenfrage?

Majoress: Das glaube ich nicht, ich kenne die Unterzeichner des Briefes im Einzelnen nicht und kann nichts über die Altersangabe sagen. Es ist eher eine Frage des Schriftverständnisses der Bibel.

Wie begegnet Kirche gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, die - staatlich legitimiert - auch den kirchlichen Segen haben wollen?

Majoress: Die Landessynode der westfälischen Kirche hat 1996 da deutliche Worte gesprochen: Sie fordert die Gemeinden auf, heute jeder Diskriminierung, Verachtung und Demütigung gleichgeschlechtlich lebender Menschen sowohl in der Gesellschaft auch in der Kirche entgegenzutreten. Sie hat zugleich die seelsorgerische Begleitung durch eine Segenshandlung für zwei Menschen, die partnerschaftlich zusammenleben oder zusammenleben wollen, möglich gemacht. Zu dieser Segenshandlung kann allerdings kein Pfarrer und keine Pfarrerin verpflichtet werden.

Ist das ins Ermessen des jeweiligen Pfarrers/Pfarrerin gestellt? Oder gar mit Sanktionen belegt?

Majoress: Pfarrerinnen und Pfarrer sind gebunden an die Heilige Schrift und die Bekenntnisse unserer Kirche. Vom Verständnis der Bibel entscheidet sich ihre theologische Einstellung. Und die ist in vielen Fragen unterschiedlich. Deshalb gibt es auch verschiedene Einstellungen in den Gemeinden und bei den Pfarrerinnen und Pfarrern. Alle, die aus Gewissensgründen eine Andacht für gleichgeschlechtliche Partnerschaften ablehnen, können auch durch gemeindliche Beschlüsse nicht dazu gezwungen werden, heißt es in der Arbeitshilfe zu Andachten für Lebenspartnerschaften.

Was raten sie Amtsbrüdern(-schwestern), die unsicher sind was sie tun sollen?

Majoress: Ich bin überzeugt, dass wir uns dem sensiblen Thema auch in der Kirche und unter den Amtsgeschwistern mehr stellen müssen. Da wo Fragen und Verunsicherungen sind, bin ich im Gespräch.

Die Kirchen verlieren Mitglieder. Wird dieser Trend nicht durch unzeitgemäße Positionen forciert?

Majoress: Das bleibt abzuwarten. Ich bedauere allerdings die Demütigungen, die jetzt gegenseitig empfunden werden.