Marseille. Drama in Marseille: In Minute 86 war Borussia Dortmund noch ausgeschieden aus der Champions League, da Neapel gegen Arsenal führte. Doch dann kam Kevin Großkreutz und erlöste die Elf von Jürgen Klopp mit dem Treffer zum 2:1.
Es drohte, ein trauriger Abend zu werden in Südfrankreich. Die Champions-League-Träume von Borussia Dortmund hingen bis Minuten vor dem Ende am seidenen Faden. Beste Chancen hatte der BVB auf irrwitzige Weise ausgelassen, hatte in Überzahl aber nur ein 1:1 gegen Olympique Marseille zustande gebracht. Und weil am letzten und entscheidenden Vorrundenspieltag gleichzeitig Neapel gegen Arsenal führte, war Schwarz-Gelb ausgeschieden aus der Königsklasse. Doch dann kam Kevin Großkreutz und schoss seinen Klub ins nicht mehr für möglich gehaltene Achtelfinale.
Nicht einmal richtig getroffen hatte der Dortmunder den Ball, den ihm Julian Schieber in der 87. Minute aufgelegt hatte. Der Schuss trudelte eher Richtung Pfosten, wo Marseilles Torwart Steve Mandanda die Hände nicht mehr dahinter bekam. Das erlösende 2:1. Großkreutz feierte wie von Sinnen vor den mitgereisten Dortmunder Fans. Ein Schuss, der den BVB aus dem Vorrunden-K.o. zum Spitzenreiter in der Tabelle katapultierte.
BVB startet mit Sarr und Sahin
Die erste Überraschung gab es schon vor dem Anpfiff. Dortmunds Trainer Jürgen Klopp nominierte Marian Sarr für sein Improvisations-Theater Viererkette. Dort sind dem Trainer in den vergangenen Wochen alle Alternativen nach und nach verletzungsbedingt weggebrochen, sodass er im entscheidenden Spiel einen 18-Jährigen aufs Feld schickte. Einen 18-Jährigen, der bei den Profis noch keine einzige Minute gespielt hat.
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Doch die anspruchsvolle Aufgabe brachte erstmal nur erfreuliche Tätigkeiten mit sich. Denn nach nicht einmal vier Minuten schlenzte Erik Durm einen Pass in die Sturmspitze, den Robert Lewandowski fein verarbeitete und den Ball eiskalt ins Tor schoss. Die frühe Führung. Sarr gratulierte dem Torschützen. Doch die Dortmunder Freude währte nur zehn Minuten. Dann segelte eine Freistoßflanke in den Dortmunder Strafraum, an der Torwart Roman Weidenfeller folgenschwer vorbeifaustete: Kopfball Saber Khalifa, Unterkante der Latte, Linie, Souleymane Diawara nickte den Ball aus kurzer Distanz mit dem Kopf ins Netz. Bitter für die Borussia: Diawara stand klar im Abseits, doch der Schiedsrichter-Assistent übersah dies. Das Tor zählte. Ausgleich. Neustart für den Ritt auf der Rasierklinge. Ein denkwürdiger Abend begann, sich zu entwickeln.
Olympiques Dimitri Payet gelangte im Strafraum an den Ball und ging nach einer Grätsche von Nuri Sahin, der trotz eines Außenbandteilrisses im Sprunggelenk auflief, zu Boden. Tendenz: Elfmeter. Aber der Unparteiische Marijo Strahonja war sich sicher, eine französische Schauspieleinlage erlebt zu haben und zeigte dem bereits verwarnten Profi die Gelb-Rote Karte. Dortmund in Überzahl gegen den punktlosen Tabellenletzten. Die Chancen aufs Achtelfinale? Gut. Das Blamage-Potenzial? Riesig.
Lewandowski stochert am leeren Tor vorbei
Es gibt sie ja, solche Abende, an denen sich höhere Mächte zu verbrüdern scheinen. Und spätestens in der zweiten Halbzeit dürften sich die BVB-Profis inmitten eines solchen Abends gefühlt haben. Entschlossen kombinierte die Borussia nach vorn – doch wie schon in der ersten Halbzeit fehlte es im letzten Moment an Übersicht, an Genauigkeit. Henrikh Mkhitaryan fand sich Sekunden nach Wiederanpfiff frei auf der rechten Seite, das erlösende Tor war einen einfachen Querpass entfernt, doch dieser erreichte Robert Lewandowski nicht. Zaubern bis vors Tor, dann Zaudern – Dortmund stand sich selbst im Weg.
Jakub Blaszczykowskis Kopfball fischte Torwart Steve Mandanda von der Linie (57.), ein Schuss von Marco Reus klatschte Sekunden später gegen den Pfosten, Robert Lewandowski stocherte den Ball nach einem groben Abwehrfehler auf unglaubliche Weise am leeren Tor vorbei (67.) und Reus setzte die nächste Großchance über das Tor (69.). Fortgeschrittener Wahnsinn in Schwarz und Gelb.
Vor allem, weil passierte, was nicht passieren durfte, es leuchtete auf der Anzeigetafel auf: Neapels Führung gegen London. Dortmund war in diesem Moment ausgeschieden, versuchte in den letzten Minuten verzweifelt, das entscheidende Tor zu erzielen. Bis Kevin Großkreutz kam.