Werdohl.
Weit auseinander gehen die Wege der drei Angeklagten nach dem Spielhallen-Prozess im Landgericht Hagen: Mit einer „am Rande des Möglichen“ liegenden Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung kam der an beiden Überfällen beteiligte 20-Jährige aus Werdohl sehr gut weg. Trotz der Beteuerungen des zweiten 20-Jährigen sah das Gericht in ihm den Haupttäter bei dem Überfall auf die Spielhalle „Oase“ in Werdohl.
Das Strafmaß lag letztlich bei vier Jahren Jugendstrafe, weil zwei ältere Urteile der Amtsgerichte in Lüdenscheid und Altena einbezogen werden mussten. Allein diese summierten sich schon auf dreieinhalb Jahre. Nach der Urteilsverkündung schlug der 20-Jährige auf dem Weg zurück in die Justizvollzugsanstalt lautstark gegen die Tür und versprach den Anwesenden mit einem sehr bösen Tätigkeitswort, sie alle einer für sie sehr unangenehmen Behandlung zu unterziehen. Sein Anwalt Ralf Mitschke kündigte außerhalb des Gerichtssaales professionellere Maßnahmen gegen das Urteil, also eine Überprüfung durch den Bundesgerichtshof, an.
Der 19-jährige Angeklagte wurde freigesprochen. Das Gericht hatte nicht feststellen können, ob er tatsächlich die Messer für den zweiten Überfall besorgt hatte. Möglicherweise habe er bei dem Überfall in Balve als Fahrer fungiert – diese mögliche Anklage sei aber nicht Gegenstand des jetzigen Verfahrens gewesen, sagte der Vorsitzende Richter Marcus Teich. Er nannte auch die Gründe, warum das Gericht zu der „sicheren Überzeugung“ gelangte, dass beide 20-Jährige an dem Überfall in Werdohl beteiligt waren: Vor allen anderen Indizien hatte der geständige Doppeltäter seinen Mitangeklagten als Mittäter benannt.
Klassisches Beispiel für selektive Wahrnehmung
Und schon bevor irgendjemand bei der Polizei eine Aussage gemacht hatte, hatte ein Zeuge aus Werdohl verbreitet, dass die beiden jetzt Verurteilten den Überfall begangen hätten. „Wie kommt der darauf, wenn das alles nicht stimmt?“, fragte Richter Marcus Teich und verwies auf die Bedeutung von Aussagen, die vor Gericht nicht wiederholt wurden: „Hier war der Zeuge das klassische Beispiel für eine selektive Wahrnehmung: ‚Ich erinnere mich nur an das, was niemandem schadet“, fasste der Richter seinen Eindruck zusammen.
Zudem gebe es keine Antwort auf die Frage, wer sonst als zweiter Täter in Frage komme, sagte der Richter. Der Zeuge mit dem schwachen Gedächtnis komme dafür zwar als einziger in Betracht. Die Spielhallenaufsicht habe ihn aber definitiv ausgeschlossen. Sie kannte die Stimme des Kunden, und sie war nicht diejenige, die sie am 7. März 2012 anherrschte, den Kasseninhalt in einen Beutel zu packen.