Werdohl. . Der Sparzwang macht Städte kreativ. Die Stadt Werdohl will jetzt die eigenen Mitarbeiter zur Kasse bitten - mit einer Stromkostenpauschale. Aus Sicht der Stadt handelt es sich um eine Frage der Gerechtigkeit. Denn auch andere, die städtische Räume nutzen, werden zur Kasse gebeten.

Die Stadt Werdohl bittet ihre Mitarbeiter zur Kasse. Jeder, der in städtischen Räumen einen privaten Wasserkocher oder eine Kaffeemaschine nutzt, muss dafür ab September eine Strompauschale in Höhe von vier Euro zahlen. Ein Kühlschrank schlägt mit fünf Euro pro Monat zu Buche. „Soweit ist es schon gekommen. Wir machen das nicht gerne, aber wir müssen ­sparen“, sagt der Bürgermeister Siegfried Griebsch. 240 Verwaltungsangestellte sind von dieser ­Regelung betroffen.

Aus den eigenen Reihen soll der Vorschlag gekommen sein, sagt Griebsch. Die Stadt an der Lenne sei nämlich „mehr als pleite“ und da wollte man im Rathaus mit gutem Beispiel vorangehen und in den eigenen Reihen sparen.

Personalrechtliche Konsequenzen

„Zunächst“, erklärt Griebsch, „ging es uns lediglich um die alten Stromfresser in den Turnhallen.“ Also um jene Kühlschränke, die die Vereine dort aufstellten, um nach dem ­Training ein kaltes Getränk zu ­haben. Doch weil man niemanden einseitig belasten wollte, sei das Rathaus ins Visier gerückt.

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Das heißt: Ab dem 1. September werden Rathausangestellte genauso zahlen müssen, wie Vereins­warte. Insgesamt will die Stadt­spitze durch diese Maßnahme 4500 Euro pro Jahr einnehmen. Doch bis die Schulden bezahlt sind, müssen noch viele Tassen Kaffee oder Tee auf privaten Maschinen zubereitet werden. Allein die Kassenkredite betragen 40 Millionen Euro. 2018 will die Stadt im Sauerland, die unter Haushaltsaufsicht des Landes steht, einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen.

Per Rundschreiben 08/2013 wurden die Angestellten nun über den ungewöhnlichen Sparkurs informiert. Demnach müssen diejenigen, die ab September ein privates Gerät in ihrem Büro nutzen wollen, ihr Einverständnis abgeben, dass ihnen die jeweilige Strompauschale vom Monatsgehalt einbehalten wird. Sollten sie nicht einverstanden sein, „müssen sie ihre privaten Geräte entfernen“, heißt es seitens der Stadt. Bei Verstoß gegen die Regelung drohen sogar arbeitsrechtliche Konsequenzen.

Handy-Aufladepauschale vom Tisch

Das Papier sorgte inzwischen für reichlich Unruhe im Werdohler Rathaus. Der Personalrat durfte sich zu dieser Sache zwar nicht äußern, konnte allerdings erreichen, dass die geplante Strompauschale für das Handy-Aufladegerät von 48 Euro jährlich mittlerweile wieder vom Tisch ist.

Und während der Werdohler Bürgermeister die ganze Angelegenheit für beschlossene Sache hält, schätzt Ulrich Padberg, stellvertretender Geschäftsführer der Gewerkschaft Verdi in Südwestfalen, die recht­liche Lage so ein: „Es handelt sich dabei um eine willkürlich festge­legte Pauschale.“ Es sei unglaublich, was die Stadt von ihren Mitar­beitern verlange – und das ohne Mitbestimmungsrecht. Sollte es wirklich dazu kommen, „werden einige Beschäftigte sicherlich ihrerseits klagen“. Die Nutzung des Stromnetzes gehöre zum Sozialraum am Arbeitsplatz, so Padberg weiter. ­Seiner Auffassung nach wälze die Stadt ­Werdohl mit der Maßnahme ihren Finanzdruck in unrechtmäßiger Weise auf ihre Mitarbeiter ab.

Werdohl dürfte wohl die erste Stadt sein, die so einfallsreich beim Sparen ist. Verdursten müssen die Mitarbeiter natürlich nicht: Im ­Rathaus werden Getränkeautomat und Kaffeemaschine aufgestellt.