Tokio. Japans Wirtschaft boomt: Das Bruttoinlandsprodukt der weltweit drittgrößten Volkswirtschaft stieg von Januar bis März 2013 um 0,9 Prozent. Als treibende Karft des Aufschwungs gilt die umstrittene Politik von Ministerpräsident Shinzo Abe. Experten zweifeln, dass der Boom nachhaltig sein wird.
Die "Abe-Ökonomie" wirkt: Dank der nach Ministerpräsident Shinzo Abe benannten ebenso aggressiven wie umstrittenen Wirtschaftspolitik wächst Japan derzeit so schnell wie kein anderes großes Industrieland. Geldschwemme, Konjunkturprogramme und billiger Yen dürften den Aufschwung noch eine Weile befeuern. Experten zweifeln aber, dass der teuer erkaufte Boom nachhaltig sein wird.
Das Bruttoinlandsprodukt der weltweit drittgrößten Volkswirtschaft stieg dank steigender Exporte und der wachsenden Konsumfreude der Verbraucher von Januar bis März 2013 um 0,9 Prozent, wie die Regierung in Tokio am Donnerstag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Plus von 0,7 Prozent gerechnet. "Wir haben einen guten Start erwischt", sagte Wirtschaftsminister Akira Amari. Zum Vergleich: Die USA schafften - jeweils zum Vorquartal - ein Plus von 0,6 Prozent, Deutschland sogar nur von 0,1 Prozent.
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"Es brummt in Nippon", sagte NordLB-Analyst Stefan Große. "Das erste Quartal war schon sehr robust, die ultra-expansive Geldpolitik startete jedoch erst im zweiten Quartal." Viele Experten gehen deshalb davon aus, dass die Wirtschaft weiter an Fahrt gewinnt. "Japan dürfte seinen Wachstumskurs fortsetzen, denn die Rahmenbedingungen stimmen optimistisch", ergänzte Commerzbank-Ökonom Marco Wagner. "Der schwächere Yen und die anziehende Weltwirtschaft dürften die Exporte antreiben."
Dabei litt Japan jahrelang an einer chronischen Wachstumsschwäche und einer Deflation, also einem Preisverfall auf breiter Front. Der erst seit wenigen Monaten regierende Abe hat deshalb radikale Schritte eingeleitet. Seine Politik wird "Abenomics" genannt - eine Wortschöpfung aus dem Namen des Premiers und dem englischen Wort "Economics" (Wirtschaftslehre).
Selbst Sony schreibt wieder schwarze Zahlen
So will die Notenbank binnen zwei Jahren umgerechnet mehr als eine Billion Euro in die Wirtschaft pumpen - vor allem über den Ankauf von Staatsanleihen, börsengehandelten Indexfonds und Immobilienfonds. Die Geldflut hat den Yen kräftig abwerten lassen, was japanische Waren im Ausland viel günstiger macht. Er verlor seit Herbst etwa 30 Prozent im Vergleich zum Euro. Das kurbelt die Exporte an, die im ersten Quartal für etwa die Hälfte des Wachstums sorgten und um 3,8 Prozent zulegten. Der Autobauer Toyota schaffte auch deshalb einen Absatzrekord, der Gewinn verdoppelte sich im vierten Quartal. Toyota exportiert rund 60 Prozent seiner in Japan hergestellten Wagen. Selbst der wankende Elektronik-Konzern Sony schreibt inzwischen wieder schwarze Zahlen.
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Die Geldflut und steigende Unternehmensgewinne lösten zudem einen Börsenboom aus, der das Vermögen der Japaner mehrt. Der Nikkei-Index stieg in dieser Woche auf den höchsten Stand seit fünfeinhalb Jahren. Bei den sonst sehr sparsamen Verbrauchern sitzt das Geld deshalb wieder locker. Die privaten Konsumausgaben, die etwa 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmachen, erhöhten sich um 0,9 Prozent.
IWF warnt: Das ist riskant
Befeuert werden dürfte die Konjunktur künftig von einem fast 90 Milliarden Euro großen Konjunkturpaket, das beispielsweise Hilfen für kleine Firmen und Investitionsanreize enthält. Werden die Mittel gezählt, die Kommunen und private Firmen beisteuern, steigt das Volumen auf rund 170 Milliarden Euro. Schwachstelle bleiben aber die Investitionen der Konzerne. Sie fielen überraschend um 0,7 Prozent, während Experten ein Plus von 0,7 Prozent erwartet hatten. Unternehmen stecken in der Regel erst dann mehr Geld in neue Fabriken und Maschinen, wenn sie dauerhaft bessere Absatzperspektiven sehen.
So gut "Abenomics" derzeit wirkt: Auf lange Sicht drohen erhebliche Risiken. Japan ist schon jetzt so stark verschuldet wie kein anderes Industrieland. Der Schuldenberg ist mehr als doppelt so hoch wie die jährliche Wirtschaftsleistung, durch die Ausgabenprogramme droht er weiter zu steigen. Die Verbindlichkeiten müssen von einer schrumpfenden und alternden Bevölkerung zurückbezahlt werden. "Angesicht der hohen öffentlichen Verschuldung ist es riskant, auf finanzpolitische Stimulierung zu setzen, ohne einen Mittelfristplan zur Konsolidierung parat zu haben", warnt etwa der Internationale Währungsfonds (IWF).
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Steigende Preise?
Der private Konsum kann zudem durch steigende Preise für Energie und viele Waren gedämpft werden, weil der schwache Yen die Importe verteuert. Der IWF geht aber davon aus, das Japan mit seinem ultra-lockeren Geld- und Finanzpolitik sein Wachstum zumindest bis zum kommenden Jahr antreiben wird. Seine Wachstumsprognosen für das Land hat der IWF sowohl für das laufende als auch für das kommende Jahr auf 1,6 und 1,4 Prozent heraufgesetzt. Von den sieben führenden Industrieländern würden nur die USA ein größeres Plus schaffen. (Reuters)