Frankfurt/Main. . Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, ist dagegen, diskriminierende Worte wie “Neger“ aus Kinderbüchern zu entfernen. Er argumentiert, dass sonst ein großer Teil der Weltliteratur über Bord geworfen werden müsste. Kraus setzt stattdessen auf Diskussionen zwischen Eltern und Kind.

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, hat sich dagegen ausgesprochen, die Wortwahl in Kinderbüchern nachträglich zu ändern und etwa diskriminierende Worte wie "Neger" zu streichen. "Das ist mir ein bisschen viel an vorauseilender politischer Korrektheit", sagte Kraus am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Die Werke sollten so, wie sie entstanden seien, akzeptiert werden.

"Sonst können wir irgendwann einen großen Teil der Weltliteratur oder auch das alte Testament über Bord werfen", kritisierte Kraus. Er forderte aber zugleich Eltern und Lehrer auf, mit Kindern über solche Wörter zu sprechen. Deren Aufgabe sei es, "deutlich zu machen, dass Worte wie 'Neger' früher unverfänglich waren, aber heute nicht mehr benutzt werden sollten", sagte der Diese seien auch ein Anlass, "eine sprach- und zeitkritische Diskussion" anzustoßen. "Das stellt eine enorme pädagogische Chance dar", zeigte sich Kraus überzeugt.

GEW-Vorsitzende schlägt Fußnoten im Text vor

Auch die stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marianne Demmer, mahnte, diskriminierende Begriffe wie "Neger" oder "Zigeuner" auf jeden Fall nicht unkommentiert zu lassen. "Da sind die Erwachsenen gefragt", sagte Demmer AFP. Durch die Auseinandersetzung mit den Begriffen könnten Kinder dann sogar gleichzeitig noch etwas lernen.

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Sie lehnte Änderungen zugleich nicht grundsätzlich ab. "Wenn Autoren mit einer Änderung einverstanden sind, ist dies überhaupt kein Problem", sagte die stellvertretende GEW-Vorsitzende. Die Frage bleibe aber grundsätzlich, wo die Grenze bei historischen Texten gezogen werde. Änderungen sollten zumindest auf Basis einer breiten Diskussion unter Experten entschieden werden. "Eine Möglichkeit wären zum Beispiel auch Fußnoten in dem Text", schlug Demmer vor.

Auslöser für die Debatte war die Entscheidung des Thienemann-Verlags, in dem Kinderbuchklassiker "Die kleine Hexe" den Begriff "Neger" zu streichen und andere veraltete Begriffe zu ersetzen. Laut Verlag erfolgt die "Modernisierung" im Einverständnis mit der Familie des Autors Otfried Preußler. (AFP)