Unna. .
Hartmut Grimm hat als Stadtjugendpfleger täglich mit Kindern und Jugendlichen zu tun, erfuhr während seines Studiums einiges über Märchen, mag die gar wundersamen Erzählungen selbst sehr gern und – kein Märchen – ist um einige Ecken sogar mit den weltberühmten Brüdern Jacob und Wilhelm Grimm verwandt. Wer also wäre prädestinierter, ein Loblied auf die Grimmschen Kinder- und Hausmärchen zu singen, die heute auf den Tag genau vor 200 Jahren erstmals veröffentlicht wurden?
„Beinahe seitdem die Menschen aufrecht laufen, erzählt man sich Märchen. Sie sind ein Teil von uns“, sagt der Sozialarbeiter. Einst seien diese Geschichten allerdings nicht für Kinder, sondern für Erwachsene gedacht gewesen: „Sie zeigten Lebensumstände auf, die viele Menschen nicht kannten, und lehrten sie, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Also eine ganz zentrale Frage.“ Heute gelten Märchen zwar als klassische Erzählungen für Kinder, doch eines hat sich nicht geändert: Sie werden nach wie vor gehört und gelesen. „Vielleicht nicht mehr so häufig in Familien“, beschreibt Hartmut Grimm die Situation in Unna, „aber auf jeden Fall in den Kindergärten und Kitas.“
Und das aus gutem Grund, fährt der Stadtjugendpfleger fort: „Es ist sehr wichtig, sich für Kinder Zeit zu nehmen – und das macht man, wenn man ihnen Märchen vorliest.“ Der häufig geäußerten Meinung, Rotkäppchen und Co. seien zu grausam für den Nachwuchs, kann Grimm somit nichts abgewinnen: „Der Vorteil beim Vorlesen ist ja: Das Kind fragt die Eltern. So entsteht eine Nähe, es können sogar Ängste abgebaut werden. Das ist tausendmal besser, als das Kind bei Harry Potter vor den Fernseher zu setzen und anschließend zu fragen: ‘Na, hat’s dir gefallen?’“
Inhalt und Sinn der meist betagten Geschichten spielten auch in der heutigen Zeit und sogar bei der Arbeit des Kinder- und Jugendbüros noch eine gewichtige Rolle: „In Märchen lernt man, sich mit etwas zu identifizieren; meist mit dem Helden, der Gutes tut. Das ist bei unserer Selbstverpflichtungserklärung nicht großartig anders. Dabei verpflichten sich die Sportvereine, dass im Jugendbereich Alkohol grundsätzlich tabu ist. Und das gilt auch für Trainer, die eben oft eine Vorbildfunktion besitzen.“
Früher selbst vorgelesen
Wer sich so lobend über Märchen äußert, hat seinen Kindern früher natürlich selbst welche vorgelesen. „Und meine Söhne fanden es klasse, dass sie den gleichen Nachnamen haben wie die Brüder Grimm.“ Der Sozialarbeiter hat übrigens selbst ein Lieblingsmärchen: „Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“. Dass ausgerechnet diese Erzählung von Hans Christian Andersen stammt, werden ihm seine Namensvettern wohl nachträglich nicht übel nehmen.