Werdohl/Essen. . Unverhofft kommt oft, mag sich der 32-Jährige am Mittwoch gedacht haben: Bei einer Routinekontrolle nahm die Bundespolizei den mutmaßlichen Beteiligten an einer Geiselnahme, die 2007 in Werdohl ihren Ausgangspunkt hatte, im Regionalexpress auf der Fahrt nach Essen fest.
Nach der Überprüfung seiner Ausweispapiere stellten die Beamten fest, dass der Zugreisende mit einem Untersuchungshaftbefehl der Staatsanwaltschaft Hagen gesucht wurde, teilte die Bundespolizeiinspektion Dortmund gestern mit. Auf Anfrage der Redaktion bestätigte das Landgericht Hagen, dass dem Mann Beihilfe zu einer Geiselnahme vorgeworfen wird.
In der Nacht zum 24. Januar 2007 war in Werdohl einem Mann vor dessen Haus aufgelauert worden, bevor er mit vorgehaltener Waffe in ein Auto gezwungen und anschließend in eine Lagerhalle verbracht worden war. Dort sollen mehrere Männer das Opfer mit Schlägen traktiert und gedroht haben, ihn in ein Hafenbecken zu werfen. Motiv: Bei einem der Geiselnehmer war Ende 2006 eingebrochen worden, unter anderem war wenig später ein Audi A3 des Mannes verschwunden. In der irrigen Annahme, der Gekidnappte wisse etwas über den Verbleib des Fahrzeugs, verfielen der Autobesitzer, sein Bruder und ein Cousin auf die Misshandlungen.
Drei Mittäter des Verbrechens sind im Mai 2011 für ihre Tat vom Landgericht zu zwei Jahren bzw. 21 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der mutmaßliche Gehilfe konnte seit dem Tatgeschehen zunächst nicht ermittelt werden. „Der Mann war zuletzt in Essen gemeldet, aber seit geraumer Zeit ohne ständigen Aufenthalt“, sagte gestern ein Sprecher der Bundespolizei zur WR. Offenbar waren die Ermittlungsbehörden dann wieder auf die Spur des Untergetauchten gekommen – wie konnte gestern nicht eindeutig beantwortet werden. Jedenfalls wurde im August 2012 ein Untersuchungshaftbefehl gegen den Mann erlassen.
Begünstigt wurde die Festnahme des 32-Jährigen von der derzeit verstärkten Polizeipräsenz in den Regionalzügen im Ruhrgebiet. „Der öffentliche Nahverkehr wird derzeit bestreift, weil es des öfteren zu gewalttätigen Übergriffen auf Zugbegleiter gekommen ist“, erläuterte der Polizeisprecher. Bei einem Streifengang fiel der Mann den Beamten auf. Er habe in ein bestimmtes „Raster“ von verdächtigen Personen gepasst, so die Polizei. Der Mann wurde ins Polizeigewahrsam nach Essen verbracht.
Am Donnerstag sollte der Beschuldigte dem Haftrichter in Essen vorgeführt werden. Nach Informationen des Landgerichts Hagen soll der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt werden, weil der Mann inzwischen wieder einen festen Wohnsitz hat. Welcher Tatbeitrag dem Mann vorgeworfen wird, wird nun erst eine eventuelle Anklage der Staatsanwaltschaft zeigen.