Berlin. . Er war der Gründervater der Musikindustrie: Der deutsche Auswanderer Emil Berliner erfand vor 125 Jahren Grammophon und Schallplatte - und ebnete so dem weltweit ersten Superstar der Musikgeschichte den Weg.
Er ist der große Unbekannte hinter einer bedeutenden Erfindung: Emil Berliner erdachte das Grammophon und die Schallplatte. Vor 125 Jahren, je nach Lesart am 26. oder 29. September 1887, ließ er sich seine Erfindungen patentieren. Berliner gilt damit als Gründervater der modernen Musikindustrie.
Der aus Hannover stammende Berliner war ein findiger Kopf und erhielt Patente auf verschiedene Dinge. Dazu zählt unter anderem ein Mikrofon für das Telefonieren, das seinen Erfinder reich machte. Mit dem Geld, das Berliner dafür Ende der 1870er Jahre bekam, richtete er sich das Labor ein, in dem knapp zehn Jahre später seine bekannteste Erfindung entstand: der scheibenförmige Tonträger mit Rillen, der die menschliche Stimme speichern und wiedergeben kann, samt passendem Abspielgerät.
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Trotz seiner bahnbrechenden Arbeit blieb Berliner als Person im Hintergrund. Rainer Maillard, Produzent, Tonmeister und Geschäftsführer der in Berlin ansässigen Emil Berliner Studios (EBS), sagt: "Der Name Emil Berliner ist relativ unbekannt, obwohl 99 Prozent der Menschheit seine Erfindung kennen." Maillard führt das darauf zurück, dass Berliner 1870 aus Deutschland auswanderte.
Den Patentantrag reichte der in den USA lebende Auswanderer aus Hannover denn auch zunächst in Washington ein. Noch im selben Jahr folgte allerdings der Patentantrag in Deutschland, wohin Berliner zeit seines Lebens schon aus familiären Gründen enge Beziehungen pflegte. Zusammen mit einem Bruder gründete er in Hannover die Deutsche Grammophon (DG), jahrzehntelang einer der führenden Schallplattenhersteller der Welt. Aus der DG gingen auch die Emil Berliner Studios hervor. Für Maillard ist Berliner daher mit seinem Lebensweg auf zwei Kontinenten eine Art "Zwitter": "Es fühlt sich keiner zuständig für ihn", sagt der Diplom-Tontechniker, der auch als Professor an der Hochschule für Musik in Detmold lehrt.
Berliners Platte versus Edisons Walz
Dabei schuf Berliner die Grundlagen für das massenhafte Vervielfältigen von Musik und gesprochenem Text - und ähnelt damit Johannes Gutenberg, der mit der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern die Möglichkeit schuf, Wissen massenhaft zu vervielfältigen. Beide hatten Vorläufer oder auch Konkurrenten: Den Druck mit starren Lettern hatten Chinesen lange vor Gutenberg erfunden. Und Berliner kannte die Phono-Walze von Thomas Alva Edison, der sich seinerseits im Wettlauf der Forscher um die erste alltagstaugliche Glühbirne am Ende durchsetzte. Bei der Aufzeichnung der menschlichen Stimme hingegen war Edison schlussendlich mit seiner Walze der Platte von Berliner unterlegen.
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Das Vervielfältigen mittels Walze taugte nicht zum massenhaften Vervielfältigen, war damit aufwendiger und einfach zu teuer. "Natürlich darf man Edison nicht vergessen, aber Berliners System hat sich durchgesetzt", sagt Stephan Puille, Laboringenieur an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin). Der Kampf der beiden Systeme dauerte nach seinen Worten aber bis zum Ersten Weltkrieg.
Ohne Berliner keine MP3s
Zu dieser Zeit hatte bereits die Karriere des weltweit ersten Superstars der Musikgeschichte begonnen: Enrico Caruso verdankte seinen Aufstieg der Erfindung der Schallplatte, wie Maillard betont. Er hält Berliner für den legitimen geistigen Vater moderner Musik-Abspielgeräte: MP3 und Ähnliches "würde es so vermutlich nicht geben", sagt er.
Trotz iPod und Co. hat die Schallplatte aber eine Zukunft, sind sich die Experten einig. "Die LP wird die CD überleben", ist Puille überzeugt. Denn CD's sind nach seiner Aussage nicht so robust wie Schallplatten. Selbst mehr als 100 Jahre alte Schellack-Schätze seien so widerstandsfähig, dass sie noch immer abspielbar seien. Außerdem gebe es eine "stabile Fangemeinde" von Schellack- und Vinyl-Platten.
Das sieht auch Maillard so: "Jedes Jahr werden zig Millionen Schallplatten gepresst", sagt der Ton-Techniker. Auch Plattenspieler würden wieder mehr verkauft. "Das ist eine Erfindung, die bleibt - die Schallplatte wird es auch noch in 30 Jahren geben", prophezeit Maillard. (dapd)