Ludwigshafen. Der „Siegfried“ wird familientauglich: In einem bundesweit einzigartigen Projekt präsentieren Jugendliche in Ludwigshafen die berühmte Wagner-Oper als Kurzfassung ohne Worte. Das Grundkonzept lieferte der Ludwigshafener Intendant Hansgünther Heyme.

Ein magisches Schwert, ein tapferer Held, ein böser Drache und die große Liebe: Von der Story her hat Richard Wagners Oper "Siegfried" durchaus das Zeug, auch Kinder und Jugendliche mitzureißen. Doch das rund 370 Minuten lange Musikdrama gilt selbst unter Opernfans als schwere Kost. In Ludwigshafen bringen Kinder und Jugendliche am 23. September die komplette Oper in einer 70-minütigen Kurzfassung auf die Bühne, die ganz ohne Worte auskommt - als Schattentheater und zur Originalmusik, die gemeinsam von Profimusikern der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und Musikschülern gespielt wird.

"Achtjährige Kinder in eine fünfstündige Oper zu setzen, ist selbst für Opern-affine Familien schwierig", sagt Regisseurin Eva Adorjan am Mittwoch bei der Vorstellung des Projekts. Ziel der Inszenierung "Siegfried!... Ohne Worte" sei es, eine Version für die ganze Familie zu entwickeln, die sowohl Kinder als auch Jugendliche und Erwachsene begeistert.

Auf der Bühne werden elf Nachwuchsschauspieler stehen, die in wechselnden Rollen "Siegfried" als Schattentheater erzählen. Dafür werden sie in sogenannte Morphsuits gekleidet, eng anliegende Ganzkörperanzüge, die auch das Gesicht verhüllen können. Die Darsteller werden teils hinter und teils vor den auf der Bühne verteilten Leinwänden stehen - was tolle Effekte ermöglicht. So wirkt Siegfried vor der Leinwand wesentlich kleiner als die Schattenbilder der beiden Kinder mit Masken, die zwei Ungeheuer darstellen und hinter der Leinwand postiert sind.

Konzept stammt von Hansgünther Heyme

Das Grundkonzept lieferte der Ludwigshafener Intendant Hansgünther Heyme. "Er kennt von uns allen die Oper am besten", sagt die Koordinatorin des Projekts "RING Halle Ludwigshafen", Janina Hannig. Der renommierte Regisseur inszeniert derzeit alle vier Teile der Wagner-Operntetralogie. Im Oktober und November haben seine Versionen von "Siegfried" und "Götterdämmerung" in Ludwigshafen Premiere. Für die Kinderfassung kürzte Heyme "Siegfried" deutlich ein und konzentrierte sich dabei auf die Hauptgeschichte vom jungen Siegfried, der mit einem magischen Schwert einen Drachen tötet und zu seiner großen Liebe Brünnhilde findet.

Man habe den Strang aus der Geschichte gezogen, der für die Kinder verständlich sei, erläutert Adorjan. Seitenstränge, in denen etwa der Gott Wotan oder der Schmied Mime die Hauptrolle spielten, seien weggefallen. "Achtjährige brauchen eine klare Identifikationsfigur", sagt die Regisseurin. Sie wolle die Geschichte so erzählen, dass Kinder sie verstehen - auch ohne Vorbereitung.

Bundesweit einzigartige Inszenierung

Kinderopern gibt es viele, doch die Aufführung in Ludwigshafen ist in mehrerer Hinsicht ungewöhnlich. Eine Besonderheit sei, dass Kinder und Jugendliche die Aufführung selbst bestreiten und mit im Orchester sitzen, sagt Hannig. Auch die Inszenierung als Schattentheater ohne Gesang sei einzigartig - bei ihren Recherchen jedenfalls habe sie bundesweit nichts Vergleichbares gefunden.

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Das Projekt ist ein Wagnis: Auf der Bühne stehen ausschließlich Kinder im Alter von 7 bis 15 Jahren, das Orchester ist zur Hälfte mit jugendlichen Musikern bestückt, die auch als Solisten einzelne Passagen übernehmen sollen. Die Proben im Stockdunkeln seien für die Darsteller unglaublich anstrengend, das habe sie völlig unterschätzt, gibt Adorjan zu. Schattentheater sei zwar für Kinder spannend, aber auch eine sehr anspruchsvolle Form der Inszenierung. Lampen und Requisiten müssten ständig hin- und hergeschoben werden und die Darsteller müssten zu ihren Positionen rennen. "Die Elf auf der Bühne müssen gnadenlos zusammenarbeiten", sagt die Regisseurin.

Die beiden jugendlichen Darstellerinnen Leonie und Clara lassen sich davon nicht abschrecken - sie sind mit Begeisterung bei der Sache. Natürlich sei es anstrengend und sehr hektisch, sagt Leonie. Sie müssten von einer Leinwand zur nächsten laufen und dabei genau aufpassen, dass sie nicht vor einen der Projektoren gerieten und zum unfreiwilligen Schattenbild würden. Doch es sei einfach toll, einmal auf der Großen Bühne des Theaters im Pfalzbau zu stehen. Eines haben sie und Clara sich fest vorgenommen: Die Inszenierung der originalen "Siegfried"-Oper wollen sie sich auf jeden Fall anschauen. (dapd)