Gelsenkirchen.

Polizist ist er. Alleinerziehender Vater von vier Kindern, deren Mutter seit über einem Jahr vermisst wird. Und jetzt soll der Gelsenkirchener Dirk L. auch noch ins Gefängnis. Das Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer verurteilte ihn am Dienstagabend wegen versuchter schwerer Brandstiftung und Besitz von Kinderpornografie zu zwei Jahren und drei Monaten Haft. Bewährung ist bei einer solchen Strafe nicht möglich.

Das Mitleid der Strafjustiz mit dem 44-Jährigen hält sich in Grenzen. Denn Polizei und Staatsanwaltschaft halten den vom Dienst suspendierten Schutzpolizisten für äußerst verdächtig, seine Ehefrau Annette (44) am 29. Mai 2010 umgebracht zu haben. Nur beweisen können sie ihm das nicht. „Uns fehlt immer noch die Leiche“, sagt der Essener Staatsanwalt Marcus Schütz.

Das Drama lässt Buer nicht zur Ruhe kommen

Ein Drama, das seit damals die Menschen in Buer nicht zur Ruhe kommen lässt. Annette L., früher selbst Polizistin, lebte mit Mann und vier Kindern in einem schmucken Einfamilienhaus in Buer. Was sie nicht wusste, kam erst nach ihrem Verschwinden ans Tageslicht. Ihr Ehemann Dirk, der bei ihren Freundinnen als „Traum-Ehemann“ galt, führte ein Doppelleben, das er mit lauter Lügen immer mühsamer aufrechterhalten wollte. Seit mehreren Jahren hatte er mit einer 33-Jährigen Polizistin ein Verhältnis, das er vor seiner Frau - natürlich - verschweigen musste.

Immer häufiger griff er zur Unwahrheit, wenn seine Freundin auf Freizeitaktivitäten drängte. Dann sagte er mal, sein Vater sei tot, dann seine Schwester, oder er war gerade unabkömmlich. Nichts davon stimmte.

Seine Freundin wollte eine Aussprache

Anfang 2010 eskalierte sein Problem. Die Freundin, mittlerweile schwanger von ihm, drängte auf eine Aussprache. Tatsächlich gab es Termine, doch jeweils kurz vor dem drohenden Zusammentreffen der beiden Frauen sagte Dirk L. die Treffen ab.

Am 23. April droht wieder ein derartiges Treffen. Dirk L. ist angeblich in der Nähe von Hamburg zur Kur, wo ihn seine Freundin besuchen will. Auf einmal bekommt sie eine SMS: Er sei schon auf der Rückfahrt, weil eine gute Freundin seiner Frau Opfer einer Brandstiftung geworden ist. Tatsächlich hatte ein Unbekannter im Treppenhaus ihres Hauses Benzin ausgeschüttet und versucht, es mit einem Stofflappen anzuzünden. Große Gefahr bestand für den zwölfjährigen Sohn der Hausbewohnerin, der im ersten Stock schlief. Nur ein Zufall verhinderte, dass das Benzin wirklich entflammte.

"Durch diese SMS hat er sich selbst überführt"

Als Dirk L. in den Verdacht geriet, seine Ehefrau, die er erst einige Tage nach ihrem Verschwinden vermisst meldete, umgebracht zu haben, drehten die Ermittler der zuständigen Essener Mordkommission „Buer“ jeden Stein um. So kamen sie schnell darauf, dass Dirk L. in jener Brandnacht seiner Freundin am Telefon sagte, er sei noch in Hamburg. Tatsächlich war sein Handy aber bereits in Gelsenkirchen in der Nähe des Hauses eingeloggt, in dem das Feuer gelegt worden war. Und in SMS an die Freundin hatte er Details vom Brand genannt, die nur ein Täter wissen konnte. „Durch diese SMS hat er sich selbst überführt“, sagte Richter Helmut Rottländer.

Sichergestellt hatten die Ermittler auch 14 kinderpornografische Fotos auf dem Computer des Angeklagten. Für diese Bilder wurde Dirk L. auch verurteilt. Den Einbruch ins Haus seines Vaters, bei dem Dirk L. laut Anklage EC-Karten stahl und damit 8000 Euro abhob, stellte das Gericht ein. Es kam aus seiner Sicht für die Gesamtstrafe nicht darauf an. Staatsanwalt Schütz beantragte ein Jahr und acht Monate Haft, Verteidiger Axel Nagler Freispruch. Das Gericht fühlte sich an beide nicht gebunden, schätzte vor allem die Brandstiftung als gravierend ein.