Dorsten. . Stiftungen spielen eine zunehmend wichtigere Rolle in unserer Gesellschaft. Immer mehr ganz normale Bürger gründen welche. Männer wie Norbert Peters aus Dorsten.

Norbert Peters ist ein Stiftungs-Boomer. Man könnte seine Generation so nennen, denn sie setzt so viele Stiftungen in die Welt wie nie zuvor. In einer Zeit, da der Staat zunehmend Ausgaben für Soziales streicht, verändern der 71-jährige Peters und seine Altersgenossen die Art, wie Zivilgesellschaft sich organisiert. Stiftungen – das klingt nach viel Geld. Tatsächlich aber ist Herr Peters aus Dorsten nicht reich, nicht arm, hat ein normales Erwerbsleben als Filialleiter einer Sparkasse geführt. Stiftungen, das ist neu, sind nun etwas für Normalbürger.

Peters steht vor der Abtei Mariendonk in Grefrath, einem imposanten, rund 100 Jahre alten Backsteinkomplex. Was kann er hier beitragen als Einzelner? Peters hat zunächst 50.000 Euro in seine Stiftung gesteckt, das Mindestkapital. Nach seinem Tod geht sein gesamtes Vermögen, Wertpapiere, Haus, Auto, an die Stiftung. Dort bleibt und arbeitet es für die Ewigkeit. Wer stiftet, der denkt über seinen Tod hinaus. Andersherum: Es stiftet nur der, der bereit ist, sich mit seiner Endlichkeit auseinanderzusetzen.

Mit einem Drittel der Zinserträge fördert Peters die St.-Lambertus-Kirche in seinem Heimatort Nettetal. Zwei Drittel werden an die Abtei Mariendonk überwiesen, für Renovierungen und um die Schwestern zu unterstützen.

Weniger Kinder, mehr Kapital

Norbert Peters kennt die Nöte des klammen Klosters, denn seine Frau Heike war mit der damaligen Äbtissin befreundet. „Sie hatte 1982 einen Bericht über sie in der Zeitung gelesen und wollte diese Frau kennenlernen“, sagt Peters. Und als seine Frau 2003 erkrankte, war die Äbtissin für sie da. „Jeden Sonntag um 10 Uhr rief sie an, sie hat uns sehr geholfen.“ Heike Peters starb ein Jahr darauf. Als Norbert Peters 2007 las, das Stiftungsrecht sei stark vereinfacht worden, „da dachte ich: Das kann ich auch.“

„Wenn man eigene Kinder hat, denkt man sicher anders“, sagt Peters. Aber das Paar hatte keine Kinder, und dem geliebten Neffen hat Peters die Sache mit dem Erbe erklärt. Seine Situation ist typisch für den Stiftungsboom: immer weniger Kinder. Immer mehr angehäuftes Kapital. Erbengesellschaft bedeutet so immer öfter: Die Gesellschaft erbt.

Die Bürokratie-Reformen 2000/2002 und 2007 haben den Trend nur verstärkt. In der aktuellen Wirtschaftskrise erlebt zwar auch der Boom eine Delle, aber jedes Jahr kommen laut Bundesverband Deutscher Stiftungen zwischen 800 und 1000 rechtsfähige Stiftungen hinzu. Rund 18.000 sind es insgesamt, nicht mitgezählt kirchliche Stiftungen, die zunehmenden Zustiftungen und Treuhandstiftungen, kleinere Vermögen, die einem Verwalter übergeben werden. Zum Beispiel einer Bürgerstiftung. Auch ihre Zahl hat sich erhöht. Um 31 auf 207. Mülheim, Duisburg und Bottrop haben schon länger eine, Essen und Dortmund haben kürzlich nachgezogen. Sie kaufen Kindern Instrumente, fördern Hochbegabte, unterstützen Frühwarnsysteme für Kinder in schwierigen Familien. Sie springen in die Bresche, die der Staat hinterlässt.

„Man will es gar nicht“

Die wirtschaftliche Kraft der Stiftungen ist bedeutend. Zusammen lassen sie laut Bundesverband etwa 100 Milliarden Euro für sich arbeiten – heraus kommen jährlich 17 Milliarden Euro, die zum größten Teil in Soziales, Bildung, Wissenschaft und Kunst investiert werden. Natürlich schwanken die Zinserträge mit der Konjunktur, aber der Grundgedanke ist – anders als bei Spenden und Sponsoring – auf langfristige Hilfe angelegt: Stiftungen versöhnen den Kapitalismus mit der Nachhaltigkeit.

Gerade darum sind sie heute ein zutiefst bürgerliches Instrument. „Weder in der Politik, noch in der Wirtschaft, es ist nirgendwo nachhaltig“, sagt Norbert Peters. „Man hat uns versaut.“ Peters ist ein Kind des Krieges, ist zehn Jahre ohne Vater aufgewachsen. „Das prägt einen.“

Norbert Peters ist insofern ungewöhnlich, als er noch eine weitere Stiftung gegründet hat – die Diana-Dudek-Stiftung für eine Kundin, deren Vermögensverwalter er ist. Seine eigene musste er bei der Bezirksregierung Münster anmelden, für die andere ist Düsseldorf zuständig. „Und ich habe mit beiden Behörden negative Erfahrungen gemacht. Sie vermitteln einem das Gefühl: Man will es gar nicht.“

Sieben Monate hat die Gründung gedauert, und am Ende hat Norbert Peters sich eine Freude gemacht, ist nach Grefrath gefahren und hat die Äbtissin überrascht. „Als würde man ein Weihnachtsgeschenk überreichen“, sagt er. Aber er hat die „Heike und Norbert Peters-Stiftung“ nicht nur der Äbtissin geschenkt. „Es soll auch Vermächtnis für meine Frau sein.“ Peters nickt. „Sie war eine tolle Frau.“