Plettenberg. .
Auf ihrem Weg zur Schlachtbank haben 120 Schweine zunächst alles andere als Schwein. Der Lastwagen, der am Montagabend gegen 21.30 Uhr mit 65 der Tiere den Bergbauernhof von Dirk und Christiane Frommann in der Almecke verlassen will, gerät auf der steil abschüssigen, „sauglatten“ Straße sofort ins Rutschen und landet im Graben. Erst am Dienstagmorgen war der Viehtransporter weitgehend unbeschädigt geborgen.
Endlich kann der Fahrer auf der inzwischen von den Frommanns selbst „gepökelten“ und von Schnee und Eis befreiten Straße hinunter ins Oestertal rollen, den mit weiteren 55 Schweinen beladenen Hänger, den er vor dem Weg zur Almecke vorsichtshalber auf dem Dura-Firmenparkplatz an der Königstraße abgestellt hat, wieder ankuppeln und den Schlachthof ansteuern – mit 13 Stunden Verspätung.
Der Tiertransportfahrer aus dem Kreis Steinfurt ist zwar wie die Schweine an Bord ziemlich „tiefgekühlt“, übernächtigt und entnervt, aber alle sind wohlauf. Ende gut, alles gut. Nach spektakulärer Rettungsaktion in „saukalter“ Vollmondnacht doch noch Schwein gehabt!
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Feuerwehr bei Eiseskälte machtlos
Den ersten Bergungsversuch starten gegen 22 Uhr am Montag 21 Einsatzkräfte der Feuerwehr-Hauptwache am Wall und der Löschgruppe Ohle. Auf sämtlichen Einsatzfahrzeugen sind Ketten aufgezogen. Bei Temperaturen um minus 8 Grad mühen sich die Retter nach Kräften, den 20-Tonnen-Laster mit Seilwinden auf die Straße zu ziehen. Bei der Eiseskälte wahrlich kein Zuckerschlecken. Versorgt werden sie von Christiane Frommann immer wieder mit Heißgetränken. Doch nach vier Stunden müssen die Wehrleute aufgeben. „Der steckt so tief im Schlamm, da haben wir ohne Kran keine Chance“, lautet die Erkenntnis von Einsatzleiter Klaus Neugum.
Die Frommanns bieten dem Lkw-Fahrer an, ein warmes Bett in einer ihrer Ferienwohnungen zu beziehen. Doch der lehnt ab, will die Schweine nicht allein in der Nacht zurücklassen und versucht, bis zum Eintreffen eines inzwischen herbeigerufenen Abschleppunternehmens eine Mütze voll Schlaf in der Koje seines Führerhauses zu nehmen. Gegen 3.30 Uhr trifft der Abschlepper ein – und winkt sofort ab. Das Risiko, sich bei dieser „saugefährlichen“ Aktion selbst festzufahren, will er nicht eingehen.
Spezialkran hebt den 20-Tonner
Jetzt ruhen die letzten Hoffnungen auf dem Abschleppdienst Dietrich mit Stammsitz in Siegen, Spezialist für Heben, Bergen, Schleppen. Von der Niederlassung Wenden rückt um 9 Uhr „Matti“ Simon, einer der erfahrensten Kranführer bei Dietrich, mit einem 40-Tonnen-Dreiachser-Kran an, allradgetrieben und -gelenkt. „Der ist wendig und wintergängig – genau der richtige für diesen Einsatz, auch wenn es hier verdammt eng ist“, sagt Simon.
Arme Schweine
Sein erster Versuch, den Laster komplett aus dem Graben zu heben, scheitert. 20 Tonnen am Haken sind zu viel für eines der Spezialseile; es reißt. Der nächste Anlauf funktioniert. Mit dem Kran hievt Simon zunächst nur die Hinterachsen des Tiertransporters auf die Straße, und nach und nach befreit sich nun auch die Vorderachse aus dem morastigen Graben.
Fahrt zum Schlachthof fortgesetzt
Abgesehen von einem beschädigten Frontscheinwerfer ist der Laster fahrtüchtig. Aufatmen unter allen Beteiligten. Jetzt aber nichts wie ab zum Hänger und weiter zum Schlachthof. Inzwischen sind bei der Polizei die ersten Anrufe besorgter Bürger eingegangen, die von dem Viehtransporthänger auf dem Dura-Parkplatz das Quieken der Schweine vernommen haben. Doch die Polizei kann die Anrufer beruhigen: Um die Tiere werde sich gekümmert. Vorsichtshalber ist schon in der Nacht ein Tierarzt zu Rate gezogen worden.