Dorsten. .

Die harsche Kritik, die das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen an der Abschiebepraxis des Dorstener Ausländeramtes äußerte, löst Entsetzen aus. Die Verwaltungsspitze kündigte für den Freitag eine Stellungnahme an.

„Wenn wir mit unserer Entscheidung so daneben lagen, ist das gravierend“, sagt der Beigeordnete Gerd Baumeister, der noch am Mittwoch den Rat über das Urteil des Verwaltungsgerichts informierte.

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Ob es beim finanziellen Schaden von gut 32 000 Euro bleibt, verursacht durch die laut Gericht „eklatant rechtswidrige Abschiebung“ einer Mutter ohne ihre zweijährige Tochter nach Angola, steht noch nicht fest. Sowohl zivil- als auch strafrechtliche Schritte wegen Nötigung und Freiheitsentzug erwägt der Anwalt der Frau ebenso wie Schadenersatzforderungen. Das die berechtigt sein könnten, daran ließ Richter Dr. Martin Brodale keine Zweifel. „Einige passende Sätze“ für die dafür zuständigen Gerichte diktierte er noch während des Kammertermins.

Wie es möglich ist, dass derart teure Flugtickets von einer Stadt gebucht werden, die um jeden Euro ringen muss, wird die Verwaltung erklären müssen. Auch, ob in der Vergangenheit noch weitere Flüge dieser Art gebucht wurden und aus welchem Etat die Kosten beglichen wurden. Dass das Gebaren des Ausländeramtes wohl schon seit langem der Kontrolle durch den Rat entzogen ist, offenbaren die Reaktionen der Politik. Allerdings hat die sich auch durch Berichte in der Vergangenheit nicht veranlasst gesehen, sich näher mit dem Thema zu beschäftigen.

„Andere Struktur und bessere interne Kontrolle“

Ändern will das nun nicht nur Friedhelm Fragemann (SPD), der einen entsprechenden Antrag ankündigt. „Die Abschiebepraxis muss grundlegend erörtert werden. Es kann nicht sein, dass Humanität sträflich missachtet wird.“ Eine „andere Struktur und bessere interne Kontrolle“ hält Bernd-Josef Schwane (CDU) für angebracht, Susanne Fraund (Grüne) möchte über eine „andere Beteiligungsform“ nachdenken, um weitere Verstöße gegen Menschenrechte und Grundgesetz zu verhindern. „Es kann nicht sein, dass wir uns im Rat einer Resolution gegen ausbeuterische Kinderarbeit anschließen, gleichzeitig aber aus dieser Stadt Kleinkinder in ein Land wie Angola abgeschoben werden“, sagt Thomas Boos (FDP). Er erinnert sich „an Zeiten, in denen wir über derartige Fälle gesprochen haben.“

Drastische Veränderungen fordert Dr. Hans-Udo Schneider, Sozialpfarrer der ev. Kirche. Er verfolgte die Verhandlung am Mittwoch persönlich. Die Behörde, die „schon seit Jahren immer wieder in der Kritik“ stehe, habe sich „völlig unverantwortlich und eigenmächtig verhalten“, so Schneider. Er fordert eine völlige Neuordnung der Ausländerbehörde und die Einsetzung eines Ombusmannes, der bis dahin die Asylpraxis überwacht. Wenigstens eine Entschuldigung der Amtsleiterin bei Ana Maria D., die nach der Abschiebung in Angola zwei Jahre lang in Haft saß, hätte Hans-Udo Schneider im Gericht erwartet. „Aber auch dazu kam es nicht.“