Bergkamen. Der Verdacht auf einen Amoklauf an der Heide-Hauptschule Bergkamen hat den größten Polizeieinsatz der Stadt ausgelöst. Ein Schüler (16) und sein Kumpel (14) waren mit einer Pistole in eine Klasse gestürmt. Dabei fiel auch ein Schuss. Der Schüler war kurz zuvor der Schule verwiesen worden.

Verdacht auf einen Amokläufer in der Heide-Hauptschule! Dieser Notruf hat Mittwochvormittag wahrscheinlich das größte Aufgebot an Polizei und Rettungskräften ausgelöst, das Bergkamen jemals erlebt hat. Tatsächlich war ein 16-jähriger Neuntklässler mit einer Waffe und einem 14-jährigen Kumpel an der Seite in seine Klasse marschiert und hatte eine junge Lehrerin mit einer Waffe bedroht und diese auch geschlagen. Die Frau musste ins Krankenhaus. Zwei Klassenkameradinnen des Jungen kollabierten.

"Er hat gegen die Decke gefeuert"

„Er hat unsere Lehrerin am Hals festgehalten, ihr zweimal vor den Kopf geschlagen und sie beschimpft und beleidigt”, erzählte später ein Mädchen aus der Klasse. „Er ist schon mit der gezückten Waffe ins Klassenzimmer gekommen und hat gegen die Decke gefeuert”, berichtete ein Klassenkamerad. Dabei habe der Täter die Lehrerin beschimpft: „Halt die Fresse, du Schlampe.” Denn die Lehrerin hatte den Kindern panisch zugerufen: „Rennt schnell raus.”

Unter enormem Polizeischutz evakuiert

„Ich habe den Schuss auch gehört”, berichtet später ein Achtklässler, der wie alle anderen Schüler der Hauptschule evakuiert und in der Turnhalle der benachbarten Pfalzschule unterbracht worden war – unter großem Polizeischutz.

Polizeidirektor Michael Stein, der vom Polizeipräsidium Dortmund zum Einsatzort geeilt war, wollte anfangs den Schuss nicht bestätigen. Später jedoch wurde von der Polizei eingeräumt, dass beim Täter eine Schreckschusswaffe gefunden und beschlagnahmt wurde.

Stein hatte relativ schnell gute Nachrichten: „Den Mittäter haben wir bereits gefasst”, sagte er gegen Mittag. Wenige Stunden später waren die Hundertschaften der Polizei und der Einsatzhubschrauber noch einmal erfolgreich und konnten auch den Haupttäter in Gewahrsam nehmen.

„Der Junge hatte schon einen schriftlichen Verweis erhalten und war dann eine Woche von der Schule verwiesen worden. Er hatte Hausverbot”, suchte Schulleiter Rüdiger Weiß nach einer Erklärung. Was der Jugendliche angestellt hatte, wollte er nicht sagen: „Er hat sich nicht an die Regeln gehalten und durfte bis nächsten Montag das Schulgelände nicht betreten.”

Trotz Hausverbots das Schulgelände betreten

Doch gestern gegen 11 Uhr sah Weiß den 16-Jährigen durch Zufall auf dem Schulgelände. „Ich habe ihm noch zugerufen, er soll das Gelände verlassen. Aber der Junge marschierte einfach weiter in das Gebäude. Da habe ich den Hausmeister gebeten, die Polizei anzurufen.”

Eigentlich sollte dieser Notruf nur dazu dienen, den Jugendlichen vom Gelände zu entfernen. Doch der Fall eskalierte in einer nie dagewesenen Größenordnung.

„Das kennt man ja nur aus dem Fernsehen”, sagte einer der vielen Anwohner, die neugierig die Berliner Straße säumten und ihre Köpfe aus den Fenstern reckten. Die Zufahrt zur Schule war, ebenso wie einige Nachbarstraßen, nach dem Vorfall im Klassenzimmer von der Polizei abgesperrt worden.

Gesamter Rettungsdienst aus dem Kreis Unna

Polizeiwagen reihte sich an Polizeiwagen, ein Blaulicht-Fahrzeug nach dem anderen raste herbei. „Der gesamte Streifendienst aus der Region, eine Spezialeinheit, eine Einsatzhundertschaft, die Kripo...” fasste Polizeidirektor Stein später zusammen. Und Bergkamens Feuerwehrchef Dietmar Luft ergänzte: „Hier ist der gesamte Rettungsdienst aus dem Kreis Unna mit den Sanitätseinheiten.”

In der Tat ähnelte das Bild in der Berliner Straße einer Szene aus dem „Tatort”. Zum teil schwer bewaffnete Polizisten, teilweise mit Schutzmasken und Brustpanzer, sicherten die Schule ab. Hin- und herhetzende Rettungskräfte und der ständig kreisende Hubschrauber sorgten für zusätzliche Dramatik.

Noch keine Aussagen zum Tatmotiv

Indes waren der Täter und sein Begleiter geflohen. „Ich denke, er wird aus dem Fenster geklettert sein", sagte Schulleiter Weiß, der auch glaubt, dass es bei dem Angriff mit der Lehrerin die völlig falsche Person erwischt hat. „Der Zorn richtete sich wohl gegen den Klassenlehrer, der das Hausverbot ausgesprochen hatte. Doch den hat der Junge um wenige Minuten verpasst.”

Doch damit lag er falsch: Der Einsatz habe sich konkret gegen diese Lehrerin gerichtet, teilte die Polizei gestern Abend mit. Dennoch konnten zum Motiv noch keine Angaben gemacht werden. Beide Täter befanden sich am Abend noch in Polizeigewahrsam, wo sie vernommen wurden.

Bewaffneter Schüler von Bergkamen hatte Hausverbot

Die Heideschule in Bergkamen war Tatort eines bewaffneten Angriffs.
Die Heideschule in Bergkamen war Tatort eines bewaffneten Angriffs. © ddp
Die Heideschule in Bergkamen, wo am Mittwochmittag zwei Schüler mit einer Schusswaffe in einen Klassenraum gestürmt sind. Foto: WR/Klaus Hartmann
Die Heideschule in Bergkamen, wo am Mittwochmittag zwei Schüler mit einer Schusswaffe in einen Klassenraum gestürmt sind. Foto: WR/Klaus Hartmann © WR, Klaus Hartmann
Die Heideschule in Bergkamen, wo am Mittwochmittag zwei Schüler mit einer Schusswaffe in einen Klassenraum gestürmt sind. Foto: WR/Klaus Hartmann
Die Heideschule in Bergkamen, wo am Mittwochmittag zwei Schüler mit einer Schusswaffe in einen Klassenraum gestürmt sind. Foto: WR/Klaus Hartmann © WR, Klaus Hartmann
Die Heideschule in Bergkamen, wo am Mittwochmittag zwei Schüler mit einer Schusswaffe in einen Klassenraum gestürmt sind. Foto: WR/Klaus Hartmann
Die Heideschule in Bergkamen, wo am Mittwochmittag zwei Schüler mit einer Schusswaffe in einen Klassenraum gestürmt sind. Foto: WR/Klaus Hartmann © WR, Klaus Hartmann
Die Heideschule in Bergkamen, wo am Mittwochmittag zwei Schüler mit einer Schusswaffe in einen Klassenraum gestürmt sind. Foto: WR/Klaus Hartmann
Die Heideschule in Bergkamen, wo am Mittwochmittag zwei Schüler mit einer Schusswaffe in einen Klassenraum gestürmt sind. Foto: WR/Klaus Hartmann © WR, Klaus Hartmann
Polizisten sichern am Mittwoch die Umgebung.
Polizisten sichern am Mittwoch die Umgebung. © ddp
Nach dem Angriff wurden die Schüler betreut.
Nach dem Angriff wurden die Schüler betreut. © ddp
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© ddp
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In einer Turnhalle wurden die Schgüler registriert.
In einer Turnhalle wurden die Schgüler registriert. © WR, Klaus Hartmann
Sorgenvolle Blicke: Schulleiter Rüdiger Weiß im Gespräch, rechts: mit dem 1. Beigeordneter der Stadt Bergkamen Horst Mecklenbrauck.
Sorgenvolle Blicke: Schulleiter Rüdiger Weiß im Gespräch, rechts: mit dem 1. Beigeordneter der Stadt Bergkamen Horst Mecklenbrauck. © WR, Klaus Hartmann
Polizisten unterhalten nach dem gewaltsamen Übergriff auf eine Lehrerin an der Heideschule in Bergkamen mit Schülern, während ein Notfallseelsorger.
Polizisten unterhalten nach dem gewaltsamen Übergriff auf eine Lehrerin an der Heideschule in Bergkamen mit Schülern, während ein Notfallseelsorger. © ddp
Eine Mutter holt am Mittwoch ihren Sohn von der Schule ab.
Eine Mutter holt am Mittwoch ihren Sohn von der Schule ab. © ddp
Trost nach dem Angriff in der Schule. (Fotos: WR und ddp)
Trost nach dem Angriff in der Schule. (Fotos: WR und ddp) © ddp
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