Essen. Deutschland hat gegen die Slowakei gewonnen. Löws Elf steht völlig verdient im EM-Viertelfinale. Die Mannschaft findet sich. Ein Kommentar.
Vier Spiele sind bei dieser Europameisterschaft gespielt. Zum ersten Mal haben wir eine Vorstellung, wie die beste Elf von Bundestrainer Löw aussehen könnte. Ohne Götze. Ohne Höwedes. Ohne Schweinsteiger. Stattdessen: eine Achse von Neuer über Boateng/Hummels über Kroos/Khedira bis zur Abteilung Attacke mit Özil, Müller und Gomez mit Kimmich und Hector auf den Außenpositionen — sowie Draxler als Unruheherd am Strafraum des Gegners.
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Jetzt versteht man besser, warum Löw in den ersten zwei Spielen auf Draxler gesetzt hat. In der Form vom Slowakei-Spiel hätte der Ex-Schalker niemals eine Kunstpause im dritten Spiel einlegen müssen. Im vierten EM-Spiel, beim 3:0 im Achtelfinale, wurde sein Wert offensichtlich: ständig anspielbar, immer mit Tordrang, selbstbewusst und kraftvoll im Dribbling. Die Wolfsburger werden sich verwundert die Augen gerieben haben: Warum nicht immer so?
Für den weiteren Turnierverlauf kann es sich Löw leisten, dass einige Stammspieler nicht ihre Form von 2014 zeigen. Müller fehlt ein Tor. Khedira die Schnelligkeit. Özil der Killer-Instinkt. Und dem Neuling Hector das Gefühl für Flanken.
Toreschießen gehört nicht zu Özils Vorzügen
Vor allem Özil macht einen wahnsinnig. Zu den genialen Vorzügen von Özil im Mittelfeld gehört sein Überblick, dass er jedes Spiel beschleunigen, jeden Angriff mit einem steilen Pass vollenden lassen kann. Aber nicht immer tut. Toreschießen gehört nicht zu seinen Vorzügen. Nicht mal beim Elfmeter gegen die Slowakei.
Alles kein Problem, solange — erstens — Turnier-Entdeckungen wie Kimmich und eben Draxler das Niveau hochhalten und — zweitens — die Defensive die Null hält.
Eine schöne Entwicklung. Als Löw mit Klinsmann die WM 2006 plante, wurde Odonkor als Überraschungsspieler intern nur „Die Waffe“ genannt. Zehn Jahre später hat Löw ein ganzes Arsenal von Waffen im Kader. Den Schalker Sane werden Gegner im Turnier noch kennenlernen. So wachsen Titelträger. Spanien oder Italien am Samstag in Bordeaux: Auch das Viertelfinale stellt kein grundsätzliches Problem mehr dar.
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