München. Die Auseinandersetzung um Bertolt Brechts “Baal“ geht vor Gericht. Es geht um die altbekannte Frage: Was darf Kunst und was darf sie nicht?
Im Rechtsstreit um die Inszenierung von Bertolt Brechts "Baal" in München treffen sich das Residenztheater und der Suhrkamp Verlag an Aschermittwoch vor Gericht. Die 21. Zivilkammer des Münchner Landgerichtes verhandelt dann über einen Antrag auf Einstweilige Verfügung gegen die Aufführung.
Damit will der Berliner Suhrkamp-Verlag die Inszenierung von Regisseur Frank Castorf verbieten lassen. Ob die Kammer bereits am selben Tag eine Entscheidung verkündet, ist offen. Sollte das Gericht dem Antrag folgen und die Inszenierung stoppen, müsste diese Vorstellung abgesetzt werden.
Die Kritik des Verlages, der als Vertreter der Brecht-Erben auftritt: Bei Castorfs Interpretation handele es sich "um eine nicht-autorisierte Bearbeitung des Stückes von Bertolt Brecht" (Aktenzeichen 21 O 1686/15).
In der Produktion, die am 15. Januar Premiere hatte und auch zum Berliner Theatertreffen eingeladen wurde, würden viele Fremdtexte verwendet, "die Werkeinheit wird aufgelöst", bemängelte der Verlag. Absprachen habe es vorher nicht gegeben.
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Castorf nennt Suhrkamps Verhalten "gestrig und albern"
"Dies verletzt das Urheberrecht und ist durch den mit der Bühne geschlossenen Aufführungsvertrag nicht gedeckt", kritisiert Suhrkamp.
Castorf, Intendant der Berliner Volksbühne, hat Brechts Frühwerk "Baal" unter anderem als Auseinandersetzung mit dem Vietnam-Krieg inszeniert und fügte dazu Texte ein, die Brecht gar nicht geschrieben hat - sondern unter anderem der französische Symbolist Arthur Rimbaud. Brechts Erben geht das zu weit.
Regisseur Castorf, der als "Ring des Nibelungen"-Regisseur auf dem Grünen Hügel von Bayreuth auch schon mit Einstweiliger Verfügung und seinem Anwalt Gregor Gysi drohte, nannte Suhrkamps Vorgehen "gestrig und albern". "Die kennen mich doch und wissen, was da rauskommt", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".
"Wenn man weiß, dass ein Stück von Frank Castorf inszeniert werden soll, muss man damit rechnen, dass am Stück etwas verändert wird", sagte nach Bekanntwerden des Streits auch der Geschäftsführende Direktor des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin.
Eine rigorose Haltung, dass an Theaterstücken nichts verändert werden dürfe, werde dem deutschen Regietheater von heute nicht gerecht. "Ob da in diesem Fall eine Grenze überschritten wurde, kann ich aber nicht beurteilen." Jedenfalls sollte der Zuschauer möglichst nicht durch eine Einstweilige Verfügung daran gehindert werden, sich die Aufführung anzusehen. (dpa)