Essen. Der Dacia Sandero ist der mit Abstand günstigste Neuwagen auf dem deutschen Markt. Schon für 7000 Euro gibt es ein Auto, für das man sich nicht schämen muss. Allerdings überzeugt längst nicht alles beim in Rumänien gebauten Billig-Wagen.

Billig und stolz darauf. So inszeniert sich der rumänische Autobauer Dacia gerne. In Werbespots mit Ex-Fußballstar Mehmet Scholl gibt sich die Renault-Tochter als unangepasster Billigheimer mit angesagtem Anti-Status-Image. Die Stoßrichtung der Kampagne ist klar: Ein Dacia ist kein schlechtes Auto und auch keines, für das man sich schämen muss.

Mit der zweiten Generation des Kompaktwagens Sandero geht der Renault-Konzern den nächsten Schritt in diese Richtung. Optisch hat Dacias Brot-und-Butter-Modell einen großen Sprung hingelegt. Schick ist er zwar immer noch nicht, aber wenigstens ansehnlich. Sogar etwas Chrom grüßt von der Kühlerhaube des Kompaktwagens. Und auch wenn der Sandero sich mit hochpreisigeren Konkurrenten wie dem Golf oder dem neuen Renault Clio nicht messen kann: Die Zeiten in denen Dacia Autos baute, die an Kinderzeichnungen erinnerten, sind vorbei.

Schluckt ‘was weg: Sandero mit gutem Kofferraumvolumen.
Schluckt ‘was weg: Sandero mit gutem Kofferraumvolumen. © WAZ FotoPool7 Ralf Rottmann | WAZ FotoPool7 Ralf Rottmann

Dass der erste Sandero trotz mauer Optik und antiquierter Technik vor vier Jahren zum Verkaufshit wurde, lag – neben der Abwrackprämie – natürlich vor allem am nahezu unschlagbaren Preis. Für damals 7500 Euro gibt es im gehobenen Premiumsegment eine Lederausstattung.

Servolenkung, Seitenairbags und ESP serienmäßig

Wichtigste Extras sind im Gegensatz zu 2009 jetzt serienmäßig: Servolenkung, Seitenairbags und der Schleuderschutz ESP – und das zum Kampfpreis von nur noch 7000 Euro. Rabatte gibt es aber praktisch keine, auch stehen nur selten noch günstige Vorführwagen beim Handler.

Der von uns getestete Sandero in der vergleichsweise luxuriösen Lauréate-Variante mit allen bestellbaren Extras bietet für etwa 12 000 Euro auch ein Navigationssystem und eine Einparkhilfe. Etwas seltsam mutet die klassisch französische, unpraktische Anbringung des Hupenknopfs links vom Lenkrad im Blinkerhebel an.

Ein Schmankerl ist hingegen der zackige Dreizylinder-Motor. Denn statt alter Renault-Ausschussware werkelt im Sandero der topaktuelle 0,9 Liter-Benziner aus dem Renault Clio. Der Turbomotor mit seinen 90 PS verleiht dem billig in Rumänen gebauten Sandero eine anständige Beschleunigung und genügend Kraft. Im Praxistest verbrauchte er knapp sieben Liter.

Mehr Auto braucht kein Mensch, aber der Wunsch nach mehr Auto ist menschlich.
Mehr Auto braucht kein Mensch, aber der Wunsch nach mehr Auto ist menschlich. © WAZ FotoPool7 Ralf Rottmann | WAZ FotoPool7 Ralf Rottmann

Ein sportliches Fahrgefühl erstickt das allzu gutmütige Fahrwerk allerdings ebenso im Keim wie die taube Lenkung des Sandero. Im Gegenzug wird fast jede Bodenwelle angenehm gütig verschluckt. Allerdings wird es im Sandero, bei höheren Geschwindigkeiten jenseits der 130 km/h, doch etwas laut.

Richtig nervig ist die extrem hakelige Schaltung. Vor allem das Einlegen des Rückwärtsgangs entwickelt sich mitunter zur echten Geduldsprobe. Ein klarer Minuspunkt sind auch die weichen Sitze, die sich gerade auf langen Fahrten schnell zum Rückenkiller entwickeln. Eindruck macht dafür der Kofferraum des Sandero. Denn der bietet mit 320 Litern Fassungsvermögen ungleich mehr Platz als andere Autos im Preissegment, wie etwa der Citroën C1, der Fiat Panda oder Skoda Citigo.

Genau hier liegt die Stärke des Sandero. Für vergleichbares Geld bekommt man bei keinem anderen Hersteller mehr Auto. Wer mehr will, etwa Fahrspaß oder Reisekomfort, sollte die Finger vom Sandero lassen. Es ist eben ein Auto für Menschen, die wirklich nur irgendein Auto brauchen.