Turin/Italien. . Der neue Jeep Grand Cherokee SRT kann mit den Platzhirschen in seiner Klasse mithalten. Inwiefern das jedoch in irgendeiner Weise sinnvoll ist, bleibt bei dem hohen Verbrauch des Wagens fragwürdig.

SUV-Boliden jenseits der 400 PS lassen traditionell jede Form der Sinnfrage unbeantwortet. Trotzdem oder gerade deshalb gedeihen Porsche Cayenne, Mercedes ML oder BMW X5 mit V8-Motoren prächtig. Nun tritt der Jeep Grand Cherokee SRT mit 344 kW/468 und einem Kampfpreis an, um im Revier der Platzkirsche zu wildern. Leistung und Ausstattung des Neulings geben dem Hersteller Anlass zu Optimismus.

Das Juwel in der Blechkrone des US-Konzerns Chrysler konnte Daimler-Boss Dieter Zetsche beim Verkauf nicht behalten. Der SUV-Spezialist Jeep landete schließlich bei Fiat. Inzwischen kann Jeep weltweit auf zwei-, teils dreistellige Zuwachsraten verweisen. In Deutschland konnte die italienisch-amerikanische Connection 2011 auf 4.000 Neuzulassungen der Marke Jeep verweisen.

'74.200 Euro - das soll günstig sein?' Der Aufschrei ist vorprogrammiert. Und doch, so ein SRT ist eben nicht mit einem vielleicht halb so teuren Allrad-Import aus Korea zu vergleichen, sondern er spielt in der Liga der etablierten Wettbewerber. Und die sind durch die Bank wenigstens 20.000 Euro teurer, wenn alle Extras mitbestellt sind, die der SRT serienmäßig an Bord hat.

Viele Extras an Bord

Kleine Auswahl gefällig? Adaptive Dämpferregelung, Wank- und Überrollschutz, Bi-Xenon-Scheinwerfer, Einparkhilfe und Rückfahrkamera, Leder-/Velours-Polster, beheizbares Lenkrad, Regensensor, Fernlichtautomatik, Abstands-Tempomat, Kollisions- und Totwinkel-Assistent, schlüsselloses-Zugangssystem, Touchscreen-Navigation, DVD-MP3-Audioanlage mit 825 Watt, elektrische Heckklappe, Panorama-Glasdach... Es gibt für den Grand Cherokee SRT keine optionale Ausstattung ab Werk. Für Sicherheit ist also ebenso gesorgt wie für Behaglichkeit, doch souverän fahren soll der vollschlanke 2,4-Tonner möglichst auch noch.

Am Vorgänger, dem SRT-8, hatten viele Tester kritisiert, dass er zwar enorm schnell geradeaus fahren konnte, zügige Kurvenfahrt jedoch dem Bereich allgemeines Abenteuer zugeordnet. Nichts davon ist geblieben. Als Mitgift aus der inzwischen geschiedenen Ehe mit Daimler hat der Grand Cherokee die Bodengruppe der aktuellen M-Klasse erhalten. Deren Einzelradaufhängung hat die Straßentauglichkeit des großen Jeep erheblich verbessert.

Seinem sportlichen Anspruch wird der SRT damit gerecht, dass er unter anderem ein acht Dämpfer umfassendes Bilstein-Fahrwerk eingepflanzt bekam. An jedem Rad ist je ein Dämpfer für die Zug- und die Druckkräfte zuständig. Zur Verbesserung des Handlings wurde der negative Sturz an der Vorderachse auf 1,6 Grad gebracht, entsprechend breitbeinig und selbstbewusst nimmt der Jeep seine Fahrspur ein. Die kinetische Energie wird von Brembo-Bremsen mit Sechskolben-Sätteln so gut im Zaum gehalten, dass der Bremsweg aus 100 km/h auf trockener Straße 35 Meter nicht überschreitet.

Thermisches Wohlbefinden inklusive

Der SRT wäre kein amerikanisches Auto, wenn er auf jeden Showwert beim Autritt verzichten würden. Die Fronthaube ist mit zwei vergitterten Öffnungen 'atmungsaktiv' gehalten und verbessert damit das thermische Wohlbefinden des 6,4-Liter-Saugers. Die Auspuff-Trompeten blasen musikalisch vielseitig: Mal authentischer V8-Sound, mal wohlig brabbelnd, mal böse grollend. Verlässlichen Kontakt zur Straße schaffen 295/45-Pirelli-Zero-Reifen, die auch bei Tempi nahe 260 keine Schwächen zeigen. Maximal 624 Newtonmeter Drehmoment auf den Asphalt zu drücken, fällt den Gummiwalzen nicht schwer. Die 344 kW/468 PS des V8-Umgetüms entfalten sich brachial. Das Manövrieren mit dem nach unten abgeflachten Leder-Lenkrad gelingt leicht, denn die Karosserie ist übersichtlich und die Lenkung ausreichend mitteilsam.

Zwar ist der Hubraum mit 6,4 Litern noch um 0,7 Liter größer als beim bisherigen Topmodell, doch trotz 'Upsizing' ermittelte der Prüfstand den selben Normverbrauch: 14,1 Liter je 100 Kilometer. Alles paletti also? Nicht ganz. Das High-Tech-Fuhrwerk, das auch über eine Zylinderabschaltung verfügt, verteilt seine Antriebskraft über eine Fünfgang-Automatik. Modern und außerdem Kraftstoff sparend wäre ein Achtgang-Getriebe von ZF gewesen, mit dem auch eine Start-Stopp-Automatik realisierbar ist. Selbst unter den Jeep-Ingenieuren sind nicht alle glücklich mit der aktuellen Lösung. Doch die Zeit drängte: Das Auto sollte nach produktionsbedingten Verzögerungen unbedingt in die jetzige Hochphase globaler Jeep-Nachfrage am Markt starten.

Verweigert jede Antwort auf die Sinnfrage

Der Jeep Grand Cherokee SRT verweigert jede Antwort auf die Sinnfrage so nachdrücklich wie alle Wettbewerber. Mit seiner Performance bewegt er sich auf Augenhöhe mit den etablierten Platzhirschen. Die umfangreiche Ausstattung und die in der Klasse als Kampfreis geltenden 74.200 Euro sind ein Wort. Am Image mangelt es dem Amerikaner ebenfalls nicht. Jeeps sind schon über Stock und Stein geklettert, da war Porsche noch der Name des Käfer-Konstrukteurs.

Plus: viel Komfort, gutes Platzangebot, leistungsstarker V8-Motor, tolles Preis-Leistungs-Verhältnis

Minus: hoher Verbrauch

Technische Daten Jeep Grand Cherokee SRT: Luxus-SUV, Länge/Breite/Höhe/Radstand: 4,86 Meter/1,96 Meter/1,75 Meter/2,92 Meter, Leergewicht: 2 330 kg, Kofferraumvolumen 780 -1 555 Liter; Motor: 6,4-Liter-V8 mit 344 kW/468 PS, max. Drehmoment: 624 Nm bei 4.300 U/min, 0-100 km/h: 5,0 Sek., Höchstgeschwindigkeit: 257 km/h Verbrauch: 14,1 l S/100 km, CO2-Emission: 328 g/km, Preis: 74.200 Euro. (mid)