Paris. Der französische Autobauer Renault versteht es, mit der rumänischen Submarke “Dacia“ immer größere Gewinne einzufahren, und richtet sich damit vor allem an Kunden mit niedrigem Einkommen. Es dauerte allerdings zehn Jahre von der ursprünglichen Idee bis zur Produktion des ersten “Billig-PKWs“.
Mut zur Marktlücke beweist Automobilhersteller Renault - und versucht, mit Neufahrzeugen zu Kampfpreisen gutes Geld zu verdienen. Mit Erfolg: Angesichts eines immer enger werdenden europäischen Automarkts setzen die Franzosen zunehmend auf preiswerte Einsteigermodelle ohne technischen Schnickschnack.
Vertrieben werden sie größtenteils unter der rumänischen Submarke "Dacia". "Renault hat einen Kulturwechsel in der gesamten Autobranche eingeläutet", sagt Carlos Da Silva, Analyst des Beratungsunternehmens IHS Automotive. Der Importeur habe sich entschieden, "Autos zu fertigen, die Kunden mit einem geringen Einkommen lieber kaufen als Gebrauchtfahrzeuge."
Billigmodelle erhöhen die Gewinnspanne
Der Schlüssel zum Erfolg laute demnach: Einfaches Design, keine komplizierten Kundenrabattmodelle und die Verwendung von Komponenten und Motoren, die für ältere Renault-Modelle bereits entwickelt worden sind. Eine Strategie, die für alle Beteiligten aufzugehen scheint: Für den Kunden drückt die Einsparung von Hunderten Millionen an Entwicklungskosten den Verkaufspreis.
So wird beispielsweise die Mittelklasse-Kombiversion des Dacia Logan in Deutschland zu Preisen ab 7.990 Euro verkauft. Das ist ein Bruchteil dessen, was Autokäufer bei anderen Importeuren für ein vergleichbares Neufahrzeug auf den Tisch des Händlers legen müssen. Aus Unternehmenssicht erhöht sie die Gewinnspanne. Zuletzt erzielten diese "Billigmodelle" eine operative Marge von mehr als sechs Prozent, deutlich mehr als die unternehmensweiten 2,6 Prozent.
Keine Rabattschlachten
Das wichtigste Stichwort für die hohe Gewinnspanne der Marke lautet: Festpreise. Andere Volumenhersteller hatten im Zuge regelrechter Rabattschlachten ihre Profitabilität geopfert, um die Fertigungsbänder am Laufen zu halten. Renault dagegen verbietet seinen Händlern, den Kunden Abschläge auf die Einsteigermodelle zu gewähren, sagt IHS-Analyst Da Silva. Entschieden sich die von den günstigen Preisen angelockten Kunden für Extras, so verbessere dies die Margen von Renault.
Dabei waren die rumänischen Billigheimer mit den französischen Genen ursprünglich gar nicht für die anspruchsvolle, premium-geprägte mitteleuropäische Kundschaft gedacht: Die Idee hinter Dacia stammt aus den späten 1990er Jahren. Der damalige Renault-Chef Louis Schweitzer wollte Autos für Schwellenländer unter einer separaten Marke produzieren und vermarkten.
Vom ungeliebtem Billigauto zum Verkaufsschlager
Die Umsetzung kostete Schweitzer viel Überzeugungsarbeit. Es dauerte zehn Jahre, bis der erste Dacia Logan 2004 von den Bändern im Werk Pitesti bei Bukarest lief. Schnell verlangten aber auch die europäischen Kunden nach dem Logan, und schnell mauserte sich das vermeintliche "Billigmodell" zu Renaults wertvollstem Verkaufsschlager – auch in Deutschland.
Der Dacia Duster
Nach schleppendem Start und anfänglichen Sicherheitsbedenken mussten deutsche Kunden aufgrund der hohen Nachfrage zwischenzeitlich bis zu fünf Monate auf die Auslieferung ihres Autos warten. Aber auch bei Renault ist nicht alles Gold, was glänzt. Der Nettogewinn des Herstellers brach im vergangenen Jahr um 39 Prozent ein. Steigende Rohmaterialkosten und schwache Absatzzahlen machten dem Autobauer in Europa zu schaffen. Weltweit stieg der Fahrzeugabsatz der Franzosen allerdings um 3,6 Prozent auf 2,7 Millionen Einheiten. Rund 800.000 davon, also etwa 30 Prozent, gehörten zum Einsteigersegment. Vor fünf Jahren waren es nur 15 Prozent.
Höherer Marktanteil als Volvo
"Renaults Einsteigermodelle retten derzeit das Unternehmen", resümiert eine Analystin von Barclays Capital. Die Kernmarke von Renault hingegen sei nicht profitabler als diejenige von Peugeot. Der Erzrivale von Renault ist schwer angeschlagen. Erst im März sammelte er über eine Kapitalerhöhung eine Milliarde Euro ein.
In Deutschland konnte Dacia die Verkäufe in vergangenen Jahr nach Unternehmensangaben um rund acht Prozent auf insgesamt 43.452 ausgelieferte Einheiten steigern. Das entspricht einem Marktanteil von 1,27 Prozent, deutllich mehr als beispielsweise der schwedische Importeur Volvo für 2011 meldete (1,1 Prozent). (Dieser Meldung liegt eine Dow-Jones-Nachricht zugrunde). (dapd)