Baku. Wer in Aserbaidschan ein deutsches Auto sucht, wird auf dem Markt von Baku schnell fündig: An manchen Tagen stehen dort um die 10.000 Gebrauchtwagen zum Verkauf - viele davon noch mit deutschem Kennzeichen. Der “Automobil-Basar2 soll der größte seiner Art im Kaukasus sein.
Manch deutscher Gebrauchtwagen landet schließlich in Aserbaidschan – das zeigt ein Besuch auf dem Automarkt der Hauptstadt Baku. Mercedes-Limousinen etwa finden sich zu hunderten, einige noch mit deutschen Kennzeichen.
Witali Cocajew hat diesmal drei der Wagen mit Stern im Angebot, "in München gekauft". Bei guten Wetter stehen auf dem Gelände des Markts um die 10.000 Gebrauchtwagen, es soll der größte seiner Art im Kaukasus sein. Das Areal zwischen Friedhof, Brachfläche und dem Hotelkomplex Kempinski misst rund einen Quadratkilometer, es lässt sich auf Satellitenfotos erkennen. An den Seiten rahmen Werkstätten die Asphaltfläche ein.
Um den Preis wird gefeilscht
"Automobil-Basar" nennen die Einheimischen den Marktplatz. Denn einen angeschriebenen Preis sucht man vergeblich, hier wird hart gefeilscht. Viel mehr als zehn Jahre haben die wenigsten Wagen hinter sich. Schrott verkauft sich scheinbar nicht in Baku, gerade eröffnete die Luxusmarke Lexus ihre Repräsentanz. Der reichere Teil der Gesellschaft zahlt mit Dollars aus dem Ölgeschäft. 12.500 Euro fordert Cocajew für einen Daimler C-Klasse von 1999, etwa ein Drittel mehr als ein vergleichbares Modell in der Bundesrepublik einbringen könnte.
Von der Preisdifferenz gehen die Überführungskosten ab. Cocajew bringt seine Ware üblicherweise aus München über Österreich ins italienische Brindisi. Von dort wird mit der Fähre nach Griechenland übergesetzt. Dann fährt der Konvoi über die Türkei und Georgien nach Aserbaidschan. Andere Händler kaufen ihre Wagen in den USA ein. Die dort gut erhältlichen Toyotas oder Hyundais werden dann per Container auf den Weg gebracht. Robuste Limousinen und Geländewagen beherrschen das Angebot.
Westlimousinen lösen in Osteuropa Lada und Co. ab
Wie überall in ehemals kommunistisch beherrschten Staaten zählte auch in Aserbaidschan der Kauf eines westlichen Autos zu den dringendsten Wünschen, als nach 1991 die Marktwirtschaft Fünf-Jahres-Pläne ersetzte. Lada und Moskwitsch wurden in der ehemaligen Sowjetrepublik von deutschen und asiatischen Herstellern abgelöst.
"Letztes Jahr liefen die Geschäfte besser", meint Cocajew. München liegt dem 28-jährigen am Herzen, weil er dort nach der Volljährigkeit für einige Jahre in einem Restaurant gearbeitet und Deutsch gelernt hat. Seit sechs Jahren ist Cocajew nun bereits im Autohandel tätig. "Reich wird man damit nicht", behauptet er. Aber ihm gefallen die regelmäßigen Reisen nach Deutschland, der Kontakt mit Käufern und Verkäufern und ein bisschen "Autonarr" ist Cocajew natürlich auch. Wie alle Händler auf dem Basar putzt er die Karossen eigentlich stündlich - im Winter verdrecken Schlamm und Schnee die PKWs, im Sommer feiner Wüstenstaub.
Hilfreiche Hupe
Sobald sich ein Käufer gefunden hat, geht es hinein in die kaukasische Verkehrswirklichkeit. Zebrastreifen existieren nur pro forma, häufiges Hupen hält hier jeder für hilfreich. Auf neugebauten Autobahnen darf Gas gegeben werden wie beim Formel-1-Training, auf Nebenwegen zählen Überschwemmungen und große, tiefe Schlaglöcher zum am eine Rallye erinnernden Alltag. "Im Straßenverkehr sind meist andere Kompetenzen notwendig als etwa in Deutschland", heißt es im Reiseführer. "Ohne die vielen Gebrauchtwagen aus dem Westen wäre "Stau" in Aserbaidschan wohl immer noch ein Fremdwort", grinst ein junger Taxifahrer und haut auf die Hupe. (dapd)