Düsseldorf. . Den Benzinpreisen zum Trotz steigt die Zahl der Pendler immer weiter. Jeder zweite Berufstätige in NRW arbeitete 2010 nicht in dem Ort, in dem er wohnte. Unter den Großstädten arbeiten in Düsseldorf die meisten Berufspendler, landesweit hat Holzwickede im Kreis Unna die höchste Quote.

Karin Schmied kam sich immer so vor, als schwimme sie gegen den Strom: Die 32-jährige Angestellte lebt in Düsseldorf aber arbeitete im vergangenen Jahr befristet im münsterländischen Borken. Die 80 Kilometer zur Arbeit pendelte sie mit dem Wagen. So wie Karin Schmied (Name geändert) pendeln jeden Tag über vier Millionen Erwerbstätige in NRW von Wohnort zur Arbeit und wieder zurück. Dabei ist Düsseldorf laut der am Mittwoch veröffentlichten NRW-Pendlerstatistik 2010 unter den Großstädten in NRW Pendler-Ziel Nummer 1.

Die Landeshauptstadt ist werktags jedenfalls fast schon an der Grenze zur Millionen-Metropole: 281.000 Berufstätige strömen jeden Morgen als sogenannte Einpendler nach Düsseldorf; nur etwas mehr als 81.000 Arbeitnehmer, Auszubildende oder Studierende pendeln alltäglich hinaus. Damit liegt Düsseldorf bei der Pendler-Quote mit 58,6 Prozent an der Spitze der Großstädte in NRW. Nur die Bundesstadt Bonn hat mit 54,8 Prozent einen ähnlich hohen Wert. In Essen (46,8 Prozent), Duisburg (44,1 Prozent), Bochum (43,6 Prozent) und Dortmund (43,2 Prozent) sind es deutlich weniger.

Zahl der Pendler wächst und wächst

Insgesamt pendeln offenbar immer mehr Menschen zur Arbeit, wenngleich die Zahlen nach Auskunft der Statistiker schwer vergleichbar sind. „Wir sehen eine Tendenz“, heißt es beispielsweise in der Arbeitsagentur-Regionaldirektion NRW. Im Vergleich zu 2002 ist die Pendler-Zahl landesweit offenbar um knapp 300.000 gestiegen. Begonnen hat der Trend Ende der 1980er-Jahre. Laut Statistik wuchs die Zahl der Pendler seit 1987 bis 2002 insgesamt um 76 Prozent; die Zahl der Pendlerinnen hatte sich in diesem Zeitraum sogar mehr als verdoppelt (+115 Prozent).

In Holzwickede im Kreis Unna liegt die Pendlerquote aktuell auf dem landesweiten Höhepunkt unter 396 Städten und Gemeinden: 80,1 Prozent der Erwerbstätigen im Ort kommen von außerhalb. Zum Vergleich: In Wuppertal liegt die Quote bei knapp über 33 Prozent und damit auf Platz 388; ein Zeichen, dass die meisten der Berufstätigen in der Schwebebahn-Stadt auch in der Stadt selbst leben.

Wie weit Pendler zum Arbeitsplatz unterwegs sind, dazu gibt es derzeit nur ältere Zahlen von 2008: Demnach legt der Durchschnitts-Beschäftigte 22,7 Kilometer zurück. Die durchschnittlich kürzesten Wege zum Arbeitsplatz hatten die Arbeitnehmer mit Wohnort in Bielefeld (17,2 km) gefolgt von den umliegenden Kreisen Gütersloh (18,2 km) und Herford (18,8 km). Insgesamt gaben 41,4 Prozent der Arbeitnehmer gegenüber dem Finanzamt einen Anfahrtsweg von mehr als 20 Kilometern an. Das deckt sich mit Erkenntnissen der Arbeitsagenturen: „Die Menschen pendeln tendentiell innerhalb einer fest gefügten Grenze, etwa einem Landkreis“, erklärt eine Mitarbeiterin.

Pendeln schadet Gesundheit und Leistungsvermögen

Eine 2010 vom Computer-Riesen IBM beauftragte weltweite Pendlerstudie machte unter anderem die negativen Folgen des Pendelns deutlich. Demnach gab mehr als jeder zweite Befragte an, „dass das Pendeln per PKW ihre Gesundheit negativ beeinflusst habe“. Ein Drittel sei zudem überzeugt davon, „dass durch das tägliche Pendeln ihre Leistungsfähigkeit im Job oder in der Ausbildung gelitten habe“.

Die Entwicklung der Benzinpreise hat offenkundig keinen Einfluss auf die Zahl der Pendler. Das Auto steht für den Weg zur Arbeit am höchsten im Kurs, das zeigen Zahlen aus dem Jahr 2009: Sechs von zehn Arbeitswegen wurden per Auto zurückgelegt; ein Viertel mit dem Fahrrad – wobei diese Statistik auch den Schülerverkehr berücksichtigte. Zwölf Prozent der Pendler wählten Bus oder Bahn.